Sichtbar gemachte Energie

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Interview
Published On:

October 28, 2024

Featuring:
Eva Dahn-Rubin
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Issue:
Ausgabe 44 / 2024
|
October 2024
Gemeinsame Gegenwärtigkeit
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Diese Ausgabe von evolve konnten wir mit Arbeiten von Eva Dahn-Rubin gestalten. Wir sprachen mit ihr über die Beweggründe ihrer Kunst.

evolve: Wie hat sich der Ausdruck in Ihrer Kunst im Laufe der Zeit verändert? Können Sie da eine Entwicklung sehen?

Eva Dahn-Rubin: Ja, ich denke, es ist bei vielen Künstlerinnen so, dass sie erstmal ihr persönliches Leben ausdrücken oder versuchen, ihre persönlichen Lebensphasen zu bewältigen. Das hat eine therapeutische Wirkung. Das war bei mir auch so und war wichtig und sehr facettenreich. Aber gerade in den letzten Jahren merke ich, dass das Persönliche unwichtiger geworden ist und dass mich globale Themen mehr interessieren. Oder die Liebe an sich und zwischen Menschen. Das ist weniger ein persönliches, sondern eher ein menschliches Thema geworden. Ich glaube nicht, dass ich damit noch etwas bewältige, sondern eher etwas erarbeite – für mich und für diejenigen, die es auf sich wirken lassen.

e: Was meinen Sie mit »erarbeiten«? Sind es bestimmte universelle Lebenserfahrungen, Qualitäten oder Inhalte, die Sie damit ansprechen?

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Diese Ausgabe von evolve konnten wir mit Arbeiten von Eva Dahn-Rubin gestalten. Wir sprachen mit ihr über die Beweggründe ihrer Kunst.

evolve: Wie hat sich der Ausdruck in Ihrer Kunst im Laufe der Zeit verändert? Können Sie da eine Entwicklung sehen?

Eva Dahn-Rubin: Ja, ich denke, es ist bei vielen Künstlerinnen so, dass sie erstmal ihr persönliches Leben ausdrücken oder versuchen, ihre persönlichen Lebensphasen zu bewältigen. Das hat eine therapeutische Wirkung. Das war bei mir auch so und war wichtig und sehr facettenreich. Aber gerade in den letzten Jahren merke ich, dass das Persönliche unwichtiger geworden ist und dass mich globale Themen mehr interessieren. Oder die Liebe an sich und zwischen Menschen. Das ist weniger ein persönliches, sondern eher ein menschliches Thema geworden. Ich glaube nicht, dass ich damit noch etwas bewältige, sondern eher etwas erarbeite – für mich und für diejenigen, die es auf sich wirken lassen.

e: Was meinen Sie mit »erarbeiten«? Sind es bestimmte universelle Lebenserfahrungen, Qualitäten oder Inhalte, die Sie damit ansprechen?

EDR: Ja, »Qualität« ist schon das richtige Wort dafür. Denn meine Philosophie ist, dass Kunst Menschen nur erreichen und berühren kann, wenn sie in einem Moment von großer Kraft entsteht.

Das ist ein bisschen wie ein alchemistischer Prozess. In was für einem Zustand bin ich, wie präsent bin ich, wenn ich anfange, etwas zu kreieren? Werde ich von fixen Ideen oder Befangenheiten geleitet, oder fühle ich mich frei, so dass ich dem, was ich ausdrücken will, einen Weg bahnen kann?

Das ist ein subtiler Prozess. Wenn ich dabei wahrhaftig bin und es schaffe, in der Präsenz zu sein, hat es eine gute Wirkung auf diejenigen, die sich die Arbeiten anschauen oder auf sich wirken lassen.

»Mein Anliegen ist ein verantwortungsvoller Umgang mit Kunst.«

e: In Ihrer Kunst sieht man einen Bezug zu einer archaischen, afrikanischen oder indigenen Formensprache, die das Gewebe des Lebens anspricht, dass wir nicht getrennt voneinander, von Tieren und Pflanzen leben. Ist es ein bewusstes Anliegen, diesen Eindruck von einer verwobenen Welt zu vermitteln?

EDR: Das ist für mich eigentlich das wichtigste Thema, gerade in den letzten Jahren wird es zu meinem Brennpunkt. Wo sind wir hier eigentlich in dieser Welt? Wir als Menschen benehmen uns so, als ob wir nicht wüssten, wo wir sind. Dass wir in einem Kosmos leben, in dem wir vielleicht eine Aufgabe haben. Damit beschäftige ich mich sehr: Wie würden die Menschen handeln, wenn ihnen im Bewusstsein wäre, wo sie eigentlich sind?

e: Und das künstlerische Schaffen ist eine Antwort auf die Frage?

EDR: Eine Antwort gibt es ja nicht. Eher, um die Frage zu bewegen und mit der Frage zu leben. Denn es öffnet etwas, was ich gar nicht ausfüllen kann. Mit dieser Frage zu leben, ist nicht gerade angenehm, es ist ja kein kuscheliger Raum. Aber die Frage drängt sich mir so auf, dass ich gar nicht anders kann, als damit zu leben.

e: Ist es für Sie auch die Rolle der Kunst oder sogar Aufgabe der Kunst, die Menschen in ihrer Innerlichkeit zu berühren?

EDR: Ich glaube schon, dass das die Rolle der Kunst ist. Das war auch in allen Kulturen das wichtigste Thema der Kunst. Warum gibt es überhaupt Kunst? Es wäre ja nicht nötig. Kunst ist immer aus der Sehnsucht entstanden, einen größeren Zusammenhang zu erfassen und zu erspüren. Die eigenen Grenzen auszuloten und Menschen zu erreichen und zu verbinden. Ich denke, es war immer ein spiritueller Impuls dahinter.

Kunst ist für mich sichtbar gemachte Energie. Damit meine ich, dass auch eine Verantwortung darin liegt: Was produziere ich da eigentlich und wie wirkt es auf andere?

Mein Anliegen ist ein verantwortungsvoller Umgang mit Kunst. Es ist ein bedeutsames Medium, sehr nah am Menschen. Ich kann nicht sagen, ob das für die Welt eine große Bedeutung hat, ich weiß es nicht. Aber ich lebe so, als ob es so wäre.

Author:
Mike Kauschke
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