Heilige Haine

Our Emotional Participation in the World
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Interview
Published On:

July 15, 2024

Featuring:
Evgenia Emets
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Issue:
Ausgabe 43 / 2024
|
July 2024
Spirituelle Resilienz
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evolve: Was hat dich bewegt, das Projekt »Eternal Forest« zu initiieren?

Evgenia Emets: Ich kann die gegenwärtige Verwüstung und Zerstörung der Natur nicht ignorieren. Was ich wahrnehme, ist nicht nur die physische Zerstörung der Natur, sondern auch die Zerstörung des geistigen und kulturellen Gewebes, das uns seit Jahrhunderten begleitet hat – mit all den unsichtbaren Verbindungen, die wir mit der natürlichen Welt über die Tiere, die Pflanzen, das Myzel, die Berge, das Feuer und all die anderen Elemente der Natur gepflegt haben. Ich habe das Gefühl, dass unsere westliche Kultur verarmt ist. In diesem Zusammenhang besteht die Bedeutung von »Eternal Forest« für mich darin, die Fähigkeiten, den Raum und die Möglichkeit für eine Kultur zu schaffen, die diese tiefe spirituelle Verbindung mit der Natur würdigt und sie wieder aufleben lässt.

Im Jahr 2017 zog ich als Künstlerin von Großbritannien nach Portugal. Damals gab es in Portugal verheerende Waldbrände, die sehr stark mit der Monokultur von Eukalyptusplantagen zusammenhingen. Ich wurde Zeugin dieser Brände, die das ganze Land heimsuchten und viele Menschen in Not brachten. Es wurde offensichtlich, dass wir Jahr für Jahr immer mehr Land und Artenvielfalt verlieren. Als ich das sah, beschloss ich, das Thema aus einer künstlerischen Perspektive zu erforschen, und begann, mit verschiedenen Gemeinschaften zusammenzuarbeiten.

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Wälder für die Ewigkeit

Mit ihrem Projekt »Eternal Forest« will Evgenia Emets unser Verhältnis zum Lebendigen verändern und heilige Haine und Wälder als geschützte Orte des Gesprächs mit der mehr-als-menschlichen Welt bewahren.

evolve: Was hat dich bewegt, das Projekt »Eternal Forest« zu initiieren?

Evgenia Emets: Ich kann die gegenwärtige Verwüstung und Zerstörung der Natur nicht ignorieren. Was ich wahrnehme, ist nicht nur die physische Zerstörung der Natur, sondern auch die Zerstörung des geistigen und kulturellen Gewebes, das uns seit Jahrhunderten begleitet hat – mit all den unsichtbaren Verbindungen, die wir mit der natürlichen Welt über die Tiere, die Pflanzen, das Myzel, die Berge, das Feuer und all die anderen Elemente der Natur gepflegt haben. Ich habe das Gefühl, dass unsere westliche Kultur verarmt ist. In diesem Zusammenhang besteht die Bedeutung von »Eternal Forest« für mich darin, die Fähigkeiten, den Raum und die Möglichkeit für eine Kultur zu schaffen, die diese tiefe spirituelle Verbindung mit der Natur würdigt und sie wieder aufleben lässt.

Im Jahr 2017 zog ich als Künstlerin von Großbritannien nach Portugal. Damals gab es in Portugal verheerende Waldbrände, die sehr stark mit der Monokultur von Eukalyptusplantagen zusammenhingen. Ich wurde Zeugin dieser Brände, die das ganze Land heimsuchten und viele Menschen in Not brachten. Es wurde offensichtlich, dass wir Jahr für Jahr immer mehr Land und Artenvielfalt verlieren. Als ich das sah, beschloss ich, das Thema aus einer künstlerischen Perspektive zu erforschen, und begann, mit verschiedenen Gemeinschaften zusammenzuarbeiten.

e: Du arbeitest an der Schnittstelle von Kunst, Umweltschutz und Gemeinschaftsbildung. Was macht die Überschneidung dieser verschiedenen Bereiche so wertvoll?

EE: In den letzten sechs Jahren, in denen sich das Projekt »Eternal Forest« entwickelt hat, habe ich sehr genau darauf geachtet, wie lokale Gemeinschaften funktionieren und wie sie zu einer schönen, regenerativen, reichen Erfahrung an ihrem jeweiligen Ort, einschließlich einer gesunden Natur, beitragen.

Dabei habe ich festgestellt, dass sich sehr viele Projekte mit der Regeneration von Wäldern, deren Schutz oder der Neuanpflanzung von Bäumen usw. befassen. Als ich mir diese Projekte anschaute und verglich und auch einige Best-Case-Szenarien weltweit kennenlernte, die nicht ausschließlich mit dem Naturschutz als solchem zu tun haben, fand ich heraus, dass gelingende Projekte sehr oft damit zusammenhängen, wie lokale Gemeinschaften mit dem Land um sie herum zusammenleben. So erkannte ich, dass die Gemeinschaft ein wesentliches Kernelement ist, wenn wir den Wald für künftige Generationen schützen wollen.

Einige dieser Beispiele kommen tatsächlich aus einer völlig überraschenden Richtung, nämlich aus religiösen Traditionen. Dort gibt es Heilige Haine, die in vielen Ländern der Welt zu finden sind – oft in Nachbarschaft zu lokalen Gemeinschaften, die eine enge Beziehung zu bestimmten Baumgruppen in der Nähe ihrer Dörfer pflegen.

e: Wie sieht deine künstlerische Arbeit mit solchen Gemeinden oder Gemeinschaften aus?

EE: Ich arbeite derzeit mit Gemeinschaften in Portugal, Finnland, den USA und Ecuador zusammen. Ich beginne meine Arbeit in der Regel mit dem Zusammenleben, damit ich die Geschichten, Bedürfnisse und Erzählungen der Menschen höre und ihre Beziehung zu dem Ort, an dem sie leben, verstehen kann.

An jedem Ort schaffe ich für diese Menschen direkte Erfahrungen in der Natur, zum Beispiel durch einen Spaziergang mit allen Sinnen, bei dem ich zum Gespräch mit dem Wald einlade. Was ich selbst empfange, gebe ich an die Menschen weiter und nutze dabei künstlerische Ausdrucksformen wie Poesie. Es ist der Versuch, den Menschen mitzuteilen, was der Wald ihnen zu sagen hat.

»Der Wald arbeitet an mir und verändert mich.«

Letztendlich schafft »Eternal Forest« eine lokale Plattform, die weitere Partner wie Baumpflanzinitiativen, Wissenschaftler, andere Künstlerinnen und Denkerinnen oder auch Stiftungen, die geschütztes Land besitzen, ins Boot holt. Durch diese Art der Verflechtung entsteht die Möglichkeit, ein Waldschutzgebiet zu schaffen.

e: Was macht einen Wald zu einem Heiligtum?

EE: Ich glaube, dass jeder Wald heilig ist. Der Planet ist heilig, die Erde ist heilig, alles um uns herum ist ein Heiligtum. Wir haben uns jedoch eine Situation geschaffen, in der wir aus dem heiligen Raum herausgetreten sind und uns von ihm abgetrennt haben. Wir haben die Welt und das Land entheiligt, und ich sehe es als Aufgabe an, diese Räume wieder zu integrieren und uns damit die Möglichkeit zu geben, diese heiligen Orte in der Natur wiederzuentdecken, um mit dem Wald und anderen Wesen innerlich in Verbindung zu treten.

e: Was wollt ihr mit dem Projekt bei den Menschen bewirken?

EE: In meiner Arbeit spreche ich oft über Zeit und versuche, Impulse zu geben, um unser starres Verständnis von Zeit aus dieser sehr linearen Perspektive von Minuten, Stunden, Wochen herauszulösen. Wie sieht es mit größeren Zeitzyklen aus, die über diese eigentlich recht menschliche Zeitperspektive hinausgehen? Ich lade die Menschen ein, über ihre Lebenszeit hinauszudenken und mit den Worten von Roman Krznaric zu bedenken, »wie man ein guter Ahne wird«. Ich spiele mit den Begriffen von langfristiger und tieferer Zeit, die ich als Waldzeit bezeichne.

e: Deine Vision ist es, tausend Ewige Wälder zu schaffen und sie für tausend Jahre zu schützen. Wie wirkt es sich auf deine tägliche Arbeit und auf dein Bewusstsein aus, wenn du in einem solchen Zeitrahmen denkst?

EE: Das verändert mein ganzes Leben. Ich weiß, dass ich in dem Zeitrahmen meines Lebens bestimmte Dinge tun kann. Wenn wir von einem Wald sprechen, kann ich wahrscheinlich nur den Boden vorbereiten, damit die Samen wachsen können. Viele Generationen, die danach kommen, werden weiterhin Setzlinge pflanzen, denn ein Wald wird nicht in einer Jahreszeit gepflanzt. Weil ich das weiß, höre ich auf die Bäume, die Pflanzen, das Ökosystem. Was können sie uns lehren? Was bieten sie uns heute an? Was möchten sie uns vermitteln und wie »wünschen« sie sich eine Vertiefung unserer Beziehung zu ihnen?

Ich versuche jeden Tag, mein Leben so weit wie möglich zu entschleunigen, z. B. durch Art Residencies oder indem ich einen ganzen Monat lang nur ein einziges Stück schreibe, während ich unter Bäumen sitze und einen schönen Ort besuche. Das gibt mir nicht nur Inspiration, sondern auch Information und Wissen. Ich liebe den Wald, weil er im Grunde genommen an mir arbeitet und mich verändert. Ich gehe dorthin und sage: »Okay, komm und tu, was du mit mir tun musst, mit meinem Körper, mit meiner Seele, mit meinem Bewusstsein.« Und dann werde ich aus dieser Perspektive schöpferisch tätig.

Irgendwann klingen diese tausend Jahre nicht mehr wie eine lange Zeit, denn es wird eine Transformation des Lebens geben. Wir arbeiten gemeinsam daran, einschließlich der mehr-als-menschlichen Wesen und deren Bewusstsein. Sie sind ständig dabei, das lebendige, atmende Gerüst des Lebens zu weben, und sie arbeiten ständig mit uns zusammen.

Ich interessiere mich sehr für dieses verwobene Bewusstsein und die Weisheit des Netzwerks, die Weisheit aller Menschen und aller Wälder der Welt. Und ich rufe dieses Waldwesen dazu auf, uns zu helfen, herauszufinden, wie wir auf dem Planeten Erde eine Situation schaffen können, in der wir alle gemeinsam gedeihen können.

Author:
Julia Wenzel
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