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In der Praxis des Emergent Interbeing wird ein Feld zwischen Menschen lebendig, in dem die Kräfte des Lebens in seiner evolutionären Entfaltung wirken. Je freier wir sind von festgefügter Identität, desto mehr sind wir Ausdruck und Mitgestaltende eines gemeinsamen Werdens.
Interbeing eröffnet eine neue Intimität – eine Intimität, die nicht romantisch oder erotisch aufgeladen ist, sondern sich in ihrer Tiefe und Unmittelbarkeit zeigt. Emergent Interbeing ist das Entstehen eines subtilen und doch spürbaren Bewusstseins einer gemeinsamen, lebendigen Präsenz zwischen uns. Wir fühlen uns dem Leben zugehörig, als Leben inmitten seiner Entfaltung im Hier und Jetzt. Wie ein Übender dieser Praxis kürzlich sagte: »Ich bin nicht mehr allein.« Das oft verzweifelte Ringen um Verbundenheit, das so viele spüren, wird durch ein tiefes Gefühl der Ganzheit überwunden.
In den Jahren, in denen ich das Potenzial dieses »Raumes dazwischen« erforschen konnte, habe ich gelernt, seiner Präsenz und Intelligenz zu vertrauen. Ich habe dabei auch erfahren, dass die Vorstellungen, an denen wir am intensivsten festhalten, uns daran hindern, dieses neue Potenzial zu verwirklichen. Diese Ideen, die uns so hauchdünn und substanzlos erscheinen, wirken wie Betonmauern, wenn es darum geht, Zugang zum Interbeing zu finden und uns gemeinsam darin zu bewegen. Dies gilt in besonderem Maße für die Kernelemente unserer Identität – wie das Geschlecht, unser tief verwurzeltes Gefühl, ein Mann oder eine Frau zu sein.
Während mein eigenes Infragestellen der binären Geschlechterordnung bereits in meiner Kindheit begann, wurde meine Genderarbeit in den letzten drei Jahrzehnten vom Interbeing geleitet. Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass der fruchtbare neue Boden für Ko-Kreativität, den Interbeing uns bietet, unzugänglich für uns bleibt, wenn wir in erster Linie in unseren getrennten Identitäten als Männer und Frauen verwurzelt und mit ihnen identifiziert sind.
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In der Praxis des Emergent Interbeing wird ein Feld zwischen Menschen lebendig, in dem die Kräfte des Lebens in seiner evolutionären Entfaltung wirken. Je freier wir sind von festgefügter Identität, desto mehr sind wir Ausdruck und Mitgestaltende eines gemeinsamen Werdens.
Interbeing eröffnet eine neue Intimität – eine Intimität, die nicht romantisch oder erotisch aufgeladen ist, sondern sich in ihrer Tiefe und Unmittelbarkeit zeigt. Emergent Interbeing ist das Entstehen eines subtilen und doch spürbaren Bewusstseins einer gemeinsamen, lebendigen Präsenz zwischen uns. Wir fühlen uns dem Leben zugehörig, als Leben inmitten seiner Entfaltung im Hier und Jetzt. Wie ein Übender dieser Praxis kürzlich sagte: »Ich bin nicht mehr allein.« Das oft verzweifelte Ringen um Verbundenheit, das so viele spüren, wird durch ein tiefes Gefühl der Ganzheit überwunden.
In den Jahren, in denen ich das Potenzial dieses »Raumes dazwischen« erforschen konnte, habe ich gelernt, seiner Präsenz und Intelligenz zu vertrauen. Ich habe dabei auch erfahren, dass die Vorstellungen, an denen wir am intensivsten festhalten, uns daran hindern, dieses neue Potenzial zu verwirklichen. Diese Ideen, die uns so hauchdünn und substanzlos erscheinen, wirken wie Betonmauern, wenn es darum geht, Zugang zum Interbeing zu finden und uns gemeinsam darin zu bewegen. Dies gilt in besonderem Maße für die Kernelemente unserer Identität – wie das Geschlecht, unser tief verwurzeltes Gefühl, ein Mann oder eine Frau zu sein.
Während mein eigenes Infragestellen der binären Geschlechterordnung bereits in meiner Kindheit begann, wurde meine Genderarbeit in den letzten drei Jahrzehnten vom Interbeing geleitet. Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass der fruchtbare neue Boden für Ko-Kreativität, den Interbeing uns bietet, unzugänglich für uns bleibt, wenn wir in erster Linie in unseren getrennten Identitäten als Männer und Frauen verwurzelt und mit ihnen identifiziert sind.
Heißt das, dass wir so tun, als wären wir nicht männlich oder weiblich, Männer und Frauen? Nein, aber es befreit uns dazu, die einzigartigen Menschen zu sein, die wir sind – verkörpert als Mann, Frau oder intersexueller Mensch. Auf diese Weise wird eine neue Möglichkeit der Kultur lebendig.
Maskuline und feminine Essenz
In der postmodernen Kultur sind das Männliche und das Weibliche als Essenzen verinnerlicht worden. Ob man nun die hermetische Tradition aufgreift, Yin und Yang übernimmt oder einem New-Age-Pfad folgt: Das Männliche wird als agierend, aktiv und direktiv beschrieben, während das Weibliche als kooperativ, umarmend und rezeptiv beschrieben wird. Der integrale Philosoph Ken Wilber identifiziert in seinem Opus Magnum »Eros, Kosmos, Logos« das Männliche mit Eros und das Weibliche mit Agape. Im Griechischen sind dies zwei Erscheinungsformen der Liebe: der Vorwärtsdrang des Eros und die allumfassende Umarmung der Agape. Es ist kein Zufall, dass sich diese beiden kosmischen Kräfte gut mit den männlichen und weiblichen Genitalien (Penis und Vagina) verbinden lassen. Unsere Orientierung im physischen und sozialen Raum ist grundlegend auf dieser primären Erfahrung der Verkörperung aufgebaut.
»Eros zwischen uns ist ein kreativer Impuls, der aus der Ganzheit entsteht.«
Darüber hinaus hat die westliche Kultur in den letzten 500 Jahren die Vorstellung verstärkt, dass Frauen und Männer Gegensätze sind, wobei die eine das Haus bewohnt und der andere den öffentlichen Raum gestaltet. Dabei geht es um einfache Dinge, wie die Unterschiede in der Art und Weise, wie sich Männer und Frauen in der Öffentlichkeit präsentieren oder sogar, wie wir gehen. Das Unbehagen, das Männer oft empfinden, wenn sie weniger verdienen als ihre Partnerin, oder die Tatsache, dass Frauen, die Vollzeit arbeiten, sich mehr für das Putzen und Kochen verantwortlich fühlen als ihre männlichen Partner, zeigt, wie tief solche traditionellen Erwartungen verankert sind. Diese Reaktionen verlaufen oft tief und unbewusst.
Abgetrennt vom Interbeing
Ich mache auf diese Muster, die aus unserer Verkörperung entstehen und durch die Kultur verstärkt werden, aufmerksam, weil ich beobachte, wie sie das Entstehen des Interbeing beeinflussen. Dieser subtile Raum öffnet sich durch Loslassen, wodurch sich Agape offenbaren kann, und wird durch den Funken der Intuition entfacht, der in dem Raum dazwischen entsteht. Das ist Eros. Damit sich das ko-bewusste, ko-kreative Potenzial des Interbeing entfalten kann, müssen die daran teilhabenden Menschen offen und empfänglich für diese beiden Kräfte sein. Denn ist dies nicht der Fall, können sich die Teilnehmenden nicht vollständig auf den Prozess einlassen.
Die Erfahrung von Agape, der Öffnung eines Feldes von Bewusstsein und Fürsorge, ist kraftvoll. Im Eingebettetsein darin entsteht das Empfinden, Heilung und Ganzheit zu erfahren. Frauen scheinen generell eine Sehnsucht nach diesem Raum und eine Affinität zu ihm zu haben. Manchmal geben sie sich ihm so sehr hin, dass sie sprachlos werden. Sie tauchen vollkommen in das Feld der Stille ein. Sie werden passiv und verpassen das schöpferische Potenzial des Emergent Interbeing. Das Risiko, etwas zu sagen, was das friedliche Feld stören oder sie in etwas hineinziehen könnte, das sie nicht mehr kontrollieren können, hindert sie daran, dieses dynamische Potenzial zu entdecken.
Andererseits fällt es Männern, die Schwierigkeiten mit diesem Prozess haben, oft schwer, sich in die Agape fallen zu lassen oder ihren persönlichen Eros abzulegen. Sie versuchen diesen äußerst sensiblen Prozess des Entstehens durch den Verstand zu beherrschen. Sie wissen bereits, was das Neue ist oder nicht ist. Ihre individuelle Identität als schöpferische Person, die Dinge herausfinden kann, schneidet sie von der zarten Geburt von etwas ab, das sie nicht unter Kontrolle haben.
Damit die Intelligenz des Interbeing in einem Kreis von Menschen im Dialog erwachen kann, müssen sowohl Agape als auch Eros gemeinsam wirksam werden. Zunächst richten die Teilnehmenden ihre Aufmerksamkeit bewusst auf das agapische Feld zwischen uns. Das geschieht durch das Loslassen und die Öffnung des eigenen Bewusstseins, bis sich die Ganzheit ihrer selbst bewusst wird. Indem man sich dann auf den Raum dazwischen konzentriert, entsteht ein Impuls – Eros – immer wieder neu. Man spürt, dass sich etwas Bahn brechen möchte. Unterschiedliche Perspektiven finden sich in einer Synergie wieder, es entsteht eine vielschichtige Ganzheit. Aus dem Miteinander erwächst ein Lernen.
Befreit ins Menschsein
Bei der Arbeit mit dem Emergent Interbeing sind wir alle eingeladen, im gegenwärtigen Moment ganz präsent zu sein und unsere Aufmerksamkeit von dem, was wir an uns selbst schätzen und womit wir uns identifizieren, auf den Raum zwischen uns zu verlagern. Die Praxis des Emergent Interbeing lockert unsere Identitäten und verleiht uns die innere Freiheit, auf das zu reagieren, was ist, anstatt aus dem »Sollen« heraus zu reagieren, das uns steuert. Paradoxerweise ist das mit der Erfahrung verbunden, mehr man selbst zu sein, mehr im eigenen Körper zuhause zu sein und zugleich weniger an eine feste Identität gebunden zu sein. Aus meiner Sicht versucht die Intelligenz dieser lebendigen Präsenz des Emergent Interbeing, uns zu vereinen, die abgeschlossenen Orte zu öffnen, in denen wir uns in Getrenntheit aufhalten, und uns mit uns selbst, miteinander und mit dem kreativen Prozess des Lebens zu verbinden.
»Die Praxis des Emergent Interbeing lockert unsere Identitäten.«
Dann sind wir nicht mehr nur Individuen, die ihre Identität durch ihre Unterschiede – Geschlecht, Ethnie, Religion, Politik – definieren. Wir sind auch das Feld selbst. Agape umfängt uns nicht nur, sondern ist das, was wir sind: Wir kümmern uns um einander. Wenn wir die Vergangenheit und alles, was vorher war, als unser Fundament annehmen, auf dem wir stehen, öffnet sich dieser gegenwärtige Moment zu einem weiten Potenzialraum. Hier wirkt Eros zwischen uns, ein kreativer Impuls, der aus der Ganzheit entsteht. Als Teilnehmende sind wir in Agape und Eros vereint, was die Einzigartigkeit, die wir sind, feiert und erschafft. In diesem Prozess werden uns unsere Identitäten als Ausdruck unseres gemeinsamen Menschseins zurückgegeben. Es entsteht eine neue Intimität, die uns nach der Begegnung nicht mehr loslässt; wir entwickeln eine innige Vertrautheit mit dem Leben.
Author:
Dr. Elizabeth Debold
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In der Praxis des Emergent Interbeing wird ein Feld zwischen Menschen lebendig, in dem die Kräfte des Lebens in seiner evolutionären Entfaltung wirken. Je freier wir sind von festgefügter Identität, desto mehr sind wir Ausdruck und Mitgestaltende eines gemeinsamen Werdens.