Was die Welt im Innersten zusammenhält
In allen Bereichen der Natur, von Einzellern über Pflanzen zu Tieren und Ökosystemen können wir intelligente Reaktionen beobachten. Sind wir dabei, unser Verständnis des Lebendigen zu revolutionieren? Eine Spurensuche.
Der modernen Naturwissenschaft galt die Natur als seelenlose Materie, ihre Lebewesen bestenfalls als animierte Maschinen. Doch nun wackeln die Fundamente dieses Denkens. Denn immer mehr Forscher entdecken verblüffende Beispiele von Intelligenz und Geistigkeit auf allen Ebenen der Schöpfung, des Lebens und der Natur.
Intelligenz scheint sich von den großen Säugetieren und Primaten bis in das feuchte Reich der Fische, die luftigen Bereiche der Vögel und in die stille Welt der Pflanzen zu dehnen. Nachdem die jüngsten Entdeckungen zeigten, dass selbst einzelne Zellen ununterbrochen offenbar intelligente Lösungen für komplexe Probleme finden, stellt sich immer öfter die Frage, ob nicht die ganze Natur, das Prinzip Schöpfung, ja das Universum selbst voller Geist, Bewusstsein und Intelligenz ist.
Das wäre, nachdem es 300 Jahre lang als große Maschine voller Zahnräder wahrgenommen worden war, ein großer Umbruch, sagt der österreichische Systemforscher Fritjof Capra: »Wenn wir die lebende Natur sehen als ein Lebewesen, das eine Intelligenz erkennen lässt auf allen Stufen des Lebens, dann wird das natürlich unser Verhältnis mit der lebenden Natur sehr verändern. Wir werden die lebende Welt nicht mehr als ein mechanisches System sehen, das aus getrennten Teilen besteht, die wir auch ausbeuten können, sondern werden eine größere Ehrfurcht haben, weil die Natur aus Lebewesen wie uns selbst besteht. Aus Lebewesen, die mit uns sehr viel gemeinsam haben und unter anderem auch einen Erkenntnisprozess und eine Intelligenz gemeinsam haben.«
Was die Welt im Innersten zusammenhält
In allen Bereichen der Natur, von Einzellern über Pflanzen zu Tieren und Ökosystemen können wir intelligente Reaktionen beobachten. Sind wir dabei, unser Verständnis des Lebendigen zu revolutionieren? Eine Spurensuche.
Der modernen Naturwissenschaft galt die Natur als seelenlose Materie, ihre Lebewesen bestenfalls als animierte Maschinen. Doch nun wackeln die Fundamente dieses Denkens. Denn immer mehr Forscher entdecken verblüffende Beispiele von Intelligenz und Geistigkeit auf allen Ebenen der Schöpfung, des Lebens und der Natur.
Intelligenz scheint sich von den großen Säugetieren und Primaten bis in das feuchte Reich der Fische, die luftigen Bereiche der Vögel und in die stille Welt der Pflanzen zu dehnen. Nachdem die jüngsten Entdeckungen zeigten, dass selbst einzelne Zellen ununterbrochen offenbar intelligente Lösungen für komplexe Probleme finden, stellt sich immer öfter die Frage, ob nicht die ganze Natur, das Prinzip Schöpfung, ja das Universum selbst voller Geist, Bewusstsein und Intelligenz ist.
Das wäre, nachdem es 300 Jahre lang als große Maschine voller Zahnräder wahrgenommen worden war, ein großer Umbruch, sagt der österreichische Systemforscher Fritjof Capra: »Wenn wir die lebende Natur sehen als ein Lebewesen, das eine Intelligenz erkennen lässt auf allen Stufen des Lebens, dann wird das natürlich unser Verhältnis mit der lebenden Natur sehr verändern. Wir werden die lebende Welt nicht mehr als ein mechanisches System sehen, das aus getrennten Teilen besteht, die wir auch ausbeuten können, sondern werden eine größere Ehrfurcht haben, weil die Natur aus Lebewesen wie uns selbst besteht. Aus Lebewesen, die mit uns sehr viel gemeinsam haben und unter anderem auch einen Erkenntnisprozess und eine Intelligenz gemeinsam haben.«
Was ist Intelligenz?
Bislang haben wir ›Intelligenz‹ als rein menschliche Eigenschaft definiert. Als einen verschwommenen Sammelbegriff für Phänomene wie Vernunft, geplantes Handeln, Abwägung, sprachliche Kommunikation, Einsatz von Werkzeugen, Erinnerung, Nachdenken über uns selbst. Wer Teile dieser Fähigkeiten auch Tieren zuspricht, rüttelt nicht nur an den Fundamenten des westlichen Menschenbildes, er kommt auch an die Grenzen der Sprache. Für tierische Intelligenz gibt es eigentlich noch nicht einmal ein Wort.
»Ist die Schöpfung selbst die Quelle von Intelligenz?«
Intelligenz wurde seit der Aufklärung ausschließlich dem Menschen zugeschrieben, dem es damit auch erlaubt war, die evolutionär unter ihm stehende natürliche Welt in ihre Bestandteile zu zerlegen und auszubeuten.
Das aber ändert sich zurzeit durch Erkenntnisse der Naturwissenschaft. Hier scheint ein Streifzug durch die unbekannte Welt der nicht-menschlichen Intelligenz reizvoll. Beginnen wir dort, wo wir sie noch am ehesten vermuten: bei unseren nächsten Verwandten, den Schimpansen.
Tiere, die wissen, was sie tun
Sie können sich über Jahrzehnte erinnern, mit verbundenen Augen Objekte identifizieren, vorausplanen und abstrakte Zeichen verstehen. Für die berühmte Primatenforscherin Jane Goodall, die die Tiere ihr Leben lang beobachtete, steht völlig außer Frage, dass sie hochintelligent und uns sehr ähnlich sind: »Genetisch unterscheiden wir uns gerade mal um ein Prozent. Die Anatomie ihrer Gehirne und des zentralen Nervensystems ist wie bei uns. Sie machen Werkzeuge und benutzen sie, sie kooperieren. Man kann ihnen die amerikanische Zeichensprache oder andere künstliche Sprachen beibringen. Ja, sie können sogar Zeichen erfinden, wenn man ihnen für ein bestimmtes Objekt eines beigebracht hat. Und die Kleinen schauen zu und machen es nach.«
Bei diesen Beschreibungen mag man noch geflissentlich nicken, erkennt doch jeder beim Zoobesuch vor dem Affenkäfig amüsiert die Ähnlichkeit zu unseren unmittelbaren Verwandten. Was aber, wenn Intelligenz plötzlich bei Vögeln auftaucht?
Wer beobachtet, wie Kolkraben in den dicht befahrenen Innenstädten von Tokio oder München Haselnüsse auf die Straße werfen, um sie von Autos überfahren, aufbrechen und damit mundgerecht servieren zu lassen, der mag das noch für Zufall halten. Schon staunen lässt, dass eine Krähe sich 30.000 Verstecke für Tannensamen merken kann, die sie über das Jahr sammelt und zur Verwahrung vergräbt. Das Beispiel der Werkzeuge bauenden Kolkraben, von denen der Zoologe Joseph Reichholf erzählt, lässt dann aber wirklich stutzen: »Neukaledonische Krähen konnten mühelos dazu gebracht werden, aus einem Glaszylinder ein Schälchen mit Fleisch herauszuholen. Das Schälchen hatte einen Henkel, und als Werkzeug hatten sie nur ein Stück Draht. Diese Krähen lernten es, und zwar offensichtlich mühelos, in dieser Situation das Drahtstück an einem Ende zu einem Haken umzubiegen und dann mit diesem Haken den Henkel des Schälchens zu fassen und herauszuziehen.«
Nicht weniger als analytisches Erfassen der Situation, bewusstes Planen, sowie die Herstellung und Nutzung von Werkzeug kommen hier zum Einsatz. Auch der Wechsel vom luftigen ins nasse Medium sorgt für Überraschungen. Es gibt Fische, die Steine als Werkzeuge gebrauchen, um Austern aufzubrechen. Grasende Fische halten sich gepflegte Gärten, jäten unerwünschte Algen und ziehen wohlschmeckende auf. Ein hoch entwickeltes System, das unserer Landwirtschaft ähnelt.
Entscheiden ohne Gehirn
Was aber, wenn wir uns Organismen nähern, die gar kein Gehirn haben: Pflanzen, Schwämmen, Amöben, Einzellern? Da muss der Intelligenzbegriff ganz neu gefasst werden. Die Hinweise mehren sich, dass Pflanzen untereinander kommunizieren und flexibel, absichtsvoll und zielstrebig handeln. Pflanzen können mindestens siebzehn verschiedene Umweltvariablen wahrnehmen. Sie riechen chemische Duftstoffe auch ohne Nase. Sie nehmen differenziert Licht wahr. Sie messen seine Stärke und Qualität und regulieren damit die Keimung und Entwicklung ihrer Blätter. Sie produzieren mit Pigmenten ihre eigene Sonnenschutzcreme, wenn die UV-Strahlen zu stark werden. Pflanzen nehmen Vibrationen und Berührungen wahr und sprechen auf Töne an, sie registrieren Schwerkraft, Temperatur und Wassergehalt.
Und sie ziehen Konsequenzen aus solchen Informationen, indem sie zum Beispiel ihr Wachstum ändern. Das heißt, dass Pflanzen Umweltsignale erfassen, intern weiterleiten und verrechnen. Sie sind fähig, als Antwort darauf zu entscheiden, ihr Verhalten zu verändern und dies per Duftstoff sogar Nachbarpflanzen mitzuteilen.
Bei der Erforschung dieser Duft- und Signalstoffe stieß die Forschung schließlich sogar auf die Intelligenz der Zellen. So fand man heraus, dass Zellen ununterbrochen ihre Umgebung wahrnehmen und auf der Grundlage dieser Informationen Entscheidungen treffen. Sie empfangen Eindrücke auf zahlreichen Signalwegen gleichzeitig, müssen sie miteinander vergleichen und interpretieren, bevor sie ihre Entscheidungen treffen.
Nachgewiesen ist die ›Intelligenz‹ der Zelle nur deshalb nicht, weil sie nicht zur klassischen Definition des Wortes passt. Aber Molekularbiologen vergleichen die Komplexität einer einzigen Zelle mit der einer Großstadt. Hier scheint die fast durchsichtige Hülle der Zelle die Funktion eines Gehirns einzunehmen. Denn an dieser Membran docken zeitgleich bis zu 1.000 Signal-Proteine an. Hier werden die einlaufenden Informationen analysiert und pausenlos Entscheidungen getroffen. 100 Billionen solcher Zellen braucht es, um einen Menschen zu bilden. Ohne intelligente Zellkommunikation gäbe es keine Koordination zum System Mensch, keine Bewegung, keinen Appetit, keine Atmung, kein Leben.
Die Wissenschaftsautorin Florianne Koechlin benutzt gerne die Metapher vom ständigen Zellgeflüster, das für unsere Ohren unhörbar bleibt.
Zellen flüstern, kommunizieren, schreien miteinander. Ständig, immer. Das ist das, was Leben ausmacht: Kommunikation, Interaktion, woraus sich dann immer und ständig Neues entfaltet.
Das Gedächtnis des Wassers
Intelligenz, wohin man blickt. Vom Primaten bis zum Fadenwurm, vom Vogel bis zur Zelle. Bei allen Organismen, ob stillstehend oder beweglich, ob in der Luft, am Boden oder im Wasser. Mit und ohne Gehirn, mit und ohne Stimme, manchmal alleine, dann wieder einander umschließend. Ja, mittlerweile gibt es sogar Hinweise darauf, dass selbst dem Element Wasser so etwas wie Intelligenz zu eigen ist.
»Ist Bewusstsein und Geist etwas, was zwischen den Subjekten entsteht?«
Professor Bernd Kröplin, Leiter des Instituts für Statik und Dynamik der Luft- und Raumfahrtkonstruktionen an der Universität Stuttgart, hatte sich jahrelang mit den Feldwirkungen beschäftigt, denen Astronauten im Weltall ausgesetzt sind. Dabei hatte er überraschend festgestellt, dass das Wasser im menschlichen Körper höchst sensibel auf unterschiedliche Strahlungen reagiert. Er begann, kleine Wassermengen unterschiedlichen Einflüssen auszusetzen, und fotografierte das Abbild der getrockneten Tropfen davor und danach unter dem Mikroskop. Die Ergebnisse überschritten sein naturwissenschaftliches Weltbild: »Wenn ich eine Pflanze in das Wasser hineinlege, zum Beispiel eine Blüte in ein Wasserglas, dann kann ich aus dem Wasserglas Tropfen entnehmen und in jedem dieser Tropfen ist dann ein Abbild dieser Blüte. Das heißt, dass diese Information in dem Wasser gespeichert ist. Das Wasser hat ein Gedächtnis, es merkt sich also Dinge. Wenn ich einen Kürbis in einen See werfe, dann ›weiß‹ der See, dass ein Kürbis drin ist. Wenn ich ein Fisch wäre, der diese Information im Wassertropfen lesen könnte, dann könnte ich wissen: In diesem See ist ein Kürbis. Es gibt eine Kommunikation von Wasser auch über eine Distanz. Wenn zwei Personen circa anderthalb Meter voneinander entfernt sind, dann kommuniziert das Wasser in ihnen bereits. Also nicht durch geistige Verständigung, sondern einfach durch eine physikalische Wasserkommunikation. Das Gehirn besteht zu einem ganz erheblichen Prozentsatz, nämlich 80 bis 90 Prozent, aus Wasser. Bei Kindern liegt dieser prozentuale Anteil sogar noch höher. Das Wasser hat hier eine ganz große Bedeutung, ob wir damit auch denken, das werden wir noch herausfinden. Wir schauen die Welt mit ganz anderen Augen an. Das ist ein ganz anderes Bewusstsein.«
Intersubjektives Bewusstsein
Intelligenz scheint der Natur zutiefst zu eigen zu sein. Naheliegend, dass sich da die Frage stellt, ob es überhaupt die aus unserer Sicht isolierten Individuen sind, in deren Gehirn die Intelligenz verortet werden sollte. Oder ob Intelligenz, Geist und Bewusstsein nicht vielmehr etwas ist, was im ganzen Lebensnetz entsteht.
Demnach wäre Bewusstsein und Geist etwas, was zwischen den Subjekten entsteht, ihnen aber nicht zu eigen ist. Eine Art Feld, das in der Interaktion entsteht und mit dem unsere Gehirne in Resonanz treten können. Kein Wunder, dass sich die Forschung damit beschäftigt, ob die Bewusstseinsleistung des Einzelnen nicht nur eine kleine Schleife in einem kollektiven Prozess sein kann, sagt der ungarische Systemforscher Ervin László: »So wie komplexe Neuronen ein Gehirn bilden, das als ein gemeinsames Gehirnsystem Bewusstsein hat, hat die Menschheit möglicherweise auch ein kollektives Bewusstsein. Aber das können wir nicht nachweisen.«
Doch der Gedanke einer kollektiven Intelligenz hat gerade im Zeitalter der globalen Vernetzung durch das Internet eine ungebrochene Faszination. Weltweit forschen Soziologen daran, wie soziale Systeme zu gestalten sind, damit sie das hervorbringen, was mehr ist als die Summe ihrer Teile. Schwarmintelligenz ist ein boomendes Forschungsfeld.
Da gibt es auch immer mehr Forschungsansätze, die davon ausgehen, dass Phänomene wie Bewusstsein und Geist ab einem gewissen Grad von Komplexität wie von selbst entstehen. Das ließe sich auch auf die Erde als Ganzes beziehen, wo eine gigantische Menge an Lebewesen und Prozessen gemeinsam eine durchaus ›intelligente‹ Biosphäre gestaltet, ohne dass es dabei ein lenkendes Gehirn gibt.
Auch in dieser planetaren Sichtweise wäre die Intelligenz kein nur individuelles Phänomen, sondern das Ergebnis eines sich selbst organisierenden Zusammenspiels unendlich vieler Verbindungen und Kreisläufe, die zusammen ein so hochintelligentes System wie die Biosphäre hervorbringen, voller erstaunlicher individueller Wunderwerke wie DNA, Zellen, Bakterien, Fische, Vögel, Amphibien, Primaten, Menschen. Dann wäre die Schöpfung selbst die Quelle von Intelligenz.
Blick in den Kosmos
Nur wenigen war es bislang vergönnt, diese große Linie vom schöpferischen Universum zum intelligenten Wesen Mensch in einem Wurf zu erkennen. Erstmals wird es wohl geschehen sein, als der Mensch sich entschloss, seinesgleichen in eine Rakete zu setzen und mithilfe der Technik in die Umlaufbahn des Planeten zu schießen, um die Heimat aller individuellen Intelligenz von außen zu sehen. Sultan bin Salman Saud, erster arabischer Astronaut, berichtete in einem Film staunend von seinen Eindrücken: »Du bekommst da draußen im Weltraum beim Blick auf die Erde das erstaunliche Gefühl, dass du all das nicht für Dich erfährst, sondern als ob die Erde selbst dich als Astronauten benutzt, um sich selbst anschauen zu können.«
Das ist wohl die vorläufige Endstation der Reise durch die unbekannten Welten von Geist und Intelligenz. Hier wird der Mensch zu dem Wesen, das sich das kreative Universum geschaffen hat, um sich selbst zu betrachten, über sich selbst nachzudenken, sich selbst zu erkennen. Nicht aber als isolierte Krone der Schöpfung, sondern tief verbunden, als jüngstes Kind derselben.
Das wäre vielleicht die langfristige Konsequenz: ein neuer Blick aufs Leben, seine Unergründlichkeit und Heiligkeit. Wir sind der Erkenntnis nähergekommen, dass die Welt doch mehr ist als eine große Maschine. Die Ahnung einer geistigen Qualität in der Natur ist durch die Naturwissenschaft einer Zuversicht gewichen, dass allem doch so etwas wie Intelligenz innewohnt. Vielleicht müssen wir sie nur neu definieren.