Sichtbar gemachte Energie
Diese Ausgabe von evolve konnten wir mit Arbeiten von Eva Dahn-Rubin gestalten. Wir sprachen mit ihr über die Beweggründe ihrer Kunst.
July 15, 2024
Wo sind all die Pionier:innen, die die Krisen anpacken?« fragte ein Teilnehmer im Webinar mit Frédéric Laloux. »The Week« heißt das Film- und Austauschformat, das Frédéric und seine Frau Hélène entwickelt haben, um die Tragweite der Krisen unserer Zeit zu vermitteln und vor allem die Abwehrmechanismen, die uns daran hindern, aktiv zu handeln. Besonders einprägsam ist in diesen Filmen die Grafik einer Wippe, die immer wieder gezeigt wird. Menschen gehen bis zur Mitte, dann weiter auf die andere Seite der Wippe und es verändert sich – gar nichts. Scheinbar. Mit der Zeit wechseln immer mehr Menschen die Seite hin zu einer sozial-ökologischen Transformation – bis die Wippe irgendwann auf die andere Seite kippt.
Wo sind all die Pionier:innen, die die Krisen anpacken?« fragte ein Teilnehmer im Webinar mit Frédéric Laloux. »The Week« heißt das Film- und Austauschformat, das Frédéric und seine Frau Hélène entwickelt haben, um die Tragweite der Krisen unserer Zeit zu vermitteln und vor allem die Abwehrmechanismen, die uns daran hindern, aktiv zu handeln. Besonders einprägsam ist in diesen Filmen die Grafik einer Wippe, die immer wieder gezeigt wird. Menschen gehen bis zur Mitte, dann weiter auf die andere Seite der Wippe und es verändert sich – gar nichts. Scheinbar. Mit der Zeit wechseln immer mehr Menschen die Seite hin zu einer sozial-ökologischen Transformation – bis die Wippe irgendwann auf die andere Seite kippt.
Das ist natürlich eine starke Vereinfachung einer hochkomplexen Situation. Es ist wohl eher so, dass Wissen von einem sozialen Feld in ein anderes fließt und diese Felder im Laufe der Zeit immer durchlässiger und gleichzeitig immer stärker mit ihrer Umgebung und mit anderen Feldern vernetzt werden.
Leider sind jene Fakten, die die »Wippe« in Richtung von noch mehr Zerstörung ausschlagen lassen, derzeit (noch) deutlich schwerwiegender. Zum Beispiel wird die Schwelle von 1,5 Grad Celsius Erwärmung der Durchschnittstemperatur jetzt schon häufig überschritten. Die Arktis wird laut neuesten Beobachtungen vermutlich schon in den 2030er-Jahren eisfrei sein, wodurch es zu weiteren unumkehrbaren Veränderungen kommen wird.
Wie geht es dir, wenn du das liest? Allzu schnell finden wir uns in Abwehrmechanismen (Kampf, Flucht, Erstarrung) wieder, die unser Nervensystem in Krisenzeiten automatisch für uns aktiviert. »Dein Nervensystem will dich im Moment der Gefahr beschützen. Es ist, als würde es einen Teil von dir einfrieren, um mit der überwältigenden Erfahrung umzugehen«, erklärt Traumatherapeut Daniel Auf der Mauer dieses Phänomen.
»Jeder von uns hat Strategien, mit Krisen umzugehen.«
So hat jeder von uns Strategien, mit Krisen umzugehen. »Das betrifft mich hier in Mitteleuropa nicht so sehr«, eine klassische Verdrängung (Flucht). Oder: »Gegen diese enorme Erwärmung kann ich sowieso nichts tun« (Machtlosigkeit, die Erstarren zur Folge hat). Diese in früheren Zeiten überlebensnotwendigen Mechanismen sind jedoch stark hinderlich, wenn wir über Jahre darin verharren. So nehmen wir die Gesamtsituation immer weniger wahr, was uns und unser Ökosystem weiter gefährdet.
Oder wir wählen die dritte Abwehrstrategie, die des Kämpfens: Wir spüren eine enorme Dringlichkeit und versuchen, das Maximum aus uns selbst und anderen herauszuholen. Doch damit verharren wir in dem gut eingeübten Paradigma der Trennung und reproduzieren dieses sogar. Währenddessen verschärfen sich die Krisen. Und je heftiger die Krise, desto heftiger die Abwehr.
»Wir werden wie Roboter, ohne den Reichtum und die Tiefe in unserem Inneren zu erreichen, die uns andere Optionen ermöglichen. Wir müssen erkennen, dass wir tatsächlich verbunden sind, und interagieren mit dem gesamten Netz des Lebens«, formuliert Christiana Figueres. Sie ist eine Pionierin, die das Zusammenspiel der ganz persönlichen Ebene mit dem gleichzeitigen Einsatz für das Weltklimaabkommen auf globaler Ebene verbindet. Sie drückt folgendes sehr klar aus: Es braucht hier eine Entscheidung. Entweder wir verharren in der Abwehr und zahlen selbst den Preis dafür: das persönliche Erstarren oder Ausbrennen und die weitere Zerstörung der Ökosysteme. Oder aber wir wählen einen von Grund auf anderen Weg, lassen uns berühren, übernehmen Verantwortung für die Welt, in der und von der wir leben, und ziehen aus dem tiefen Schmerz über deren Zerstörung Motivation für unser Handeln. Entweder – oder. Da ist jeder von uns gefordert, eine klare Entscheidung zu treffen.
Der erste Schritt ist also, uns für die Lebendigkeit zu entscheiden. Dafür zuzulassen, uns selbst, unser emotionales Erleben zu spüren, oder uns liebevoll dabei zu ertappen, dass wir im Moment in einer Abwehrreaktion sind.
»We have to re-member«, meint Christiana Figueres. Wir sind dazu aufgefordert, den nächsten Entwicklungsschritt zu tun, uns wieder an die Verbindung zu erinnern und uns gleichzeitig auch wieder als Teil zu fühlen, (als Member) uns wieder einzugliedern in das Gefüge des Lebens.