Das Wir Gottes

Our Emotional Participation in the World
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Buch/Filmbesprechung
Published On:

January 24, 2018

Featuring:
Richard Rohr
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Issue 17 / 2017:
|
January 2018
Die Postmoderne und darüber hinaus
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Eine Besprechung des Buches »Der göttliche Tanz« von Richard Rohr

Der amerikanische Franziskanerpater Richard Rohr hat ein Buch über Gott geschrieben. In diesem Buch beschreibt er ein sehr grundlegendes christliches Verständnis Gottes, das trotzdem in den letzten 500 Jahren fast in Vergessenheit, zumindest sehr in den Hintergrund geraten ist. Er schreibt über den dreieinigen Gott – Gott der Vater, der Sohn und der Heilige Geist. Es ist ja auch eine seltsame Sache: Da versteht sich das Christentum als eine der großen monotheistischen Religionen. Aber dieser eine Gott ist drei, also nicht drei, sondern eins in drei. Schon meine Religionslehrerin in der Schule hatte sich schwergetan, uns das zu erklären. Richard Rohr meint in seinem Buch »Der göttliche Tanz«, die Zeit war noch nie so reif, Gott auf diese Weise radikal zu denken. Dreifaltigkeit, das ist eine dynamische Beziehung, eine Beziehung zwischen der absoluten Ruhe des Vaters, dem Sohn, der als Mensch ganz Mensch geworden ist, und dem alles beseelenden Heiligen Geist.

Vielleicht ist es ein Zufall, dass dieses Buch gerade heute in einer Zeit erscheint, in der es so viel Interesse an einer neuen Wir-­Kultur gibt – einer Kultur, in der wir uns nicht nur als Individuen verstehen, sondern als das lebendige Netz unserer Beziehungen. Richard Rohr meint, das Spannendste an dieser Neuentdeckung eines alten christlichen Gottesbegriffes sind gar nicht so sehr die Personen Gottes, es ist der »Zwischenraum«: »Das Innenleben der Dreieinigkeit ist ein Mysterium. Das Wichtigste ist, die Energie und die Qualität der Beziehung zwischen diesen Dreien zu begreifen. Denn genau dieses existenzielle Mysterium verwandelt uns. Das können Sie nur erleben, wenn Sie in der Beziehung leben. Als die Jünger Jesus fragten, wo er lebe, gab er ihnen diese intime Einladung ›Kommt und seht‹. Göttliche Gastfreundschaft in Aktion.«

Die Abrahamitischen Religionen betonten schon immer viel mehr als die meisten östlichen Religionen unsere ganz persönliche Beziehung zum Absoluten, zu einem persönlichen Gott. Der Kirchenvater Augustinus hat seine Theologie in seinen »Bekenntnissen» sogar in Ich-Du-Form an diesen persönlichen Gott gerichtet. Richard Rohrs Buch über die Dreifaltigkeit ist eine Einladung, sich auf diesen Gott in einer noch anderen Form einzulassen, denn für ihn ist der dreieinige Gott selbst Beziehung.

Wenn Gott Beziehung ist, verändert das auch uns selbst. Zumindest seit Luther tritt der Christenmensch, ausgerüstet mit seiner Bibel, ausschließlich seinem Gewissen verpflichtet, allein seinem »Herrgott« gegenüber. Das war auch ein Geburtsort des modernen Menschen. Aber wenn der dreieinige Gott selbst Beziehung ist, treten wir dann »dem Absoluten, Gott« viel mehr auch in unseren gelebten Beziehungen gegenüber, statt nur als Vereinzelte?

Wenn Gott Beziehung ist, verändert das auch uns selbst.

Richard Rohrs Buch über seine Spiritualität der Dreifaltigkeit ist ein sehr persönliches Buch eines modernen christlichen Mystikers, der die Leser dazu einlädt, ihr Gottesbild (und sei es auch nur ihr negatives Gottesbild) auf eine neue spirituelle Erfahrung einzulassen, in der alles bis ins Innerste – eben in seinem Verständnis zu Gott selbst – zu einem göttlichen Kraftfeld gelebter Beziehungen wird.

Dieses Buch ist aber auch ein Buch über die Aspekte des dreieinigen Gottesverständnisses. Jesus wird hier nicht nur, wie oft in der modernen christlichen Theologie, als »Menschensohn« angesprochen, sondern auch als Christus, als jener Teil Gottes, der ganz Mensch geworden ist: »Die personale Inkarnation ist die logische Folge von Gottes Liebesgeschichte mit der Schöpfung. Und wissen Sie, warum ich das sagen kann? Weil ich es bei Menschen sehe: Über die Zeit werden wir alle zu dem, was wir lieben. Gott in Jesus wurde, was Gott liebt: alles Menschliche.«

Richard Rohr ist sich bewusst, dass er eine religiöse Bildsprache verwendet, um von seiner Spiritualität zu sprechen. Er tut es in diesem Buch über die Dreifaltigkeit in einer Weise, die auch in einer modernen, nichtchristlichen Seele einiges zum Tanzen bringt.

Author:
Dr. Thomas Steininger
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