Editorial 41/2024

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Editorial
Published On:

February 2, 2024

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Ausgabe 41 / 2024
|
February 2024
Leben, Tod
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In einem der Treffen unseres redaktionellen Beirats – einem Gremium, in dem wir mit Menschen aus unserem Netzwerk die Themen des Magazins reflektieren – sprach die Kulturanthropologin Hildegard Kurt von unserer Zeit als einem Sterbefeld. Dieses Wort und was damit angesprochen ist, berührte und erschütterte uns. Denn es stimmt, unser Handeln verursacht ein weltweites Sterben. Menschen sterben an Hunger, wo doch genügend für alle da wäre, Kriege fordern Opfer. Artensterben und der Verlust von Lebensräumen dezimieren die Tierwelt. Durch Massentierhaltung und Überfischung töten wir unfassbare Mengen von Lebewesen unter grausamen Bedingungen. Klimawandel, Gifte in der Umwelt, Mikroplastik im Meer bedrohen ganze Ökosysteme. Wir leben in einer Zeit des Sterbens, das wir nicht sehen wollen. Aber entgeht uns dadurch nicht auch ein Hinweis auf Auswege aus unseren Krisen, die wir fieberhaft suchen?

In dieser Ausgabe wollen wir uns dieser Dynamik zwischen der Verdrängung des Todes und eines tieferen Verständnisses des Sterbens widmen. Denn Sterben wurde von den Weisheitstraditionen immer auch als Prozess der Transformation gesehen und das Bewusstsein unserer Sterblichkeit als Triebkraft der eigenen und der gesellschaftlichen Reifung verstanden. Der Tod ruft uns zum Wesentlichen, lässt uns spüren, was wirklich wichtig ist. Wenn wir uns für diesen Ruf öffnen. Vielleicht ist das ganz besonders heute unsere Aufgabe.

Thomas Steininger bezeichnet es in seinem Leitartikel als »existenziellen Sprung« zu dem uns die Konfrontation mit dem Tod auffordert. Dieser Ruf ergeht an jeden von uns im Moment unseres Sterbens. Was ist ein guter Tod? Und wie kann solch ein existenzieller Sprung auch uns als Gesellschaft gelingen?

Für Hildegard Kurt ist das Erkennen unserer Welt als ein Sterbefeld ein Aspekt dieses Sprunges in ein neues Wahrnehmen und Gestalten der Welt. Eine »post-tragische« Zeit nennt es der Philosoph Jonathan Rowson und fragt, wie wir die Verluste unserer Lebenswelt spüren und gleichzeitig wirksam handeln können. Die Pädagogin Vanessa Machado de Oliveira, die eng mit indigenen Gemeinschaften verbunden ist, sieht unsere moderne Welt mit ihren Logiken der Ausbeutung und Herrschaft über die Natur in einem Sterbeprozess, den wir weise begleiten können. In diesem Prozess einer kulturellen Sterbebegleitung können wir auch herausfinden, was daraus neu werden kann. Die lebendige Welt erneuert sich ständig in einem Prozess des Wandels, in dem gestorbene Lebewesen zum Humus des Neuen werden. Für den Biologen Andreas Weber kommen wir dem liebenden Kern der Welt nahe, wenn wir auf diese Weise »essbar werden« und nicht an unserer getrennten Lebensform festhalten.

Besonders dankbar sind wir dafür, dass wir die Gelegenheit hatten, den 97-jährigen Benediktiner Bruder David Steindl-Rast zu interviewen, der auf ein langes Leben der Kontemplation und Meditation zurückblickt. Für ihn ist das Sterben ein Tor zum Wesentlichen. Auch der Kontemplationslehrer Claus Eurich sieht im Tod die Einladung in eine Transformation, die mit Nichtwissen und Demut einhergeht.

Die Dynamik von Transformation, dem Vergehen des Lebendigen und die Verschiebung des eigenen Wahrnehmens erreicht die Fotokünstlerin Tamara Dean meisterhaft in ihren Arbeiten. Deshalb freuen wir uns sehr, dass wir diese Ausgabe mit ihren Fotos gestalten konnten. Sie bringen die Atmosphäre des Zwischenraums, des Unbekannten, des großen Geheimnisses wunderbar zum Ausdruck.

In der kulturellen Transformation, in der wir uns gerade befinden, die auch ein Prozess des Sterbens und Neuwerdens ist, wollen wir mit unserem Magazin und unseren neuen digitalen Angeboten von evolve World eine Unterstützung sein. Denn, so sind wir überzeugt, solche existenziellen Prozesse des Loslassens und der Unsicherheit sind leichter zu bestehen und zu gestalten, wenn wir Biotope für zukünftige Möglichkeiten, Netzwerke der Zuversicht, Erfahrungsfelder für Weisheitspraxis, Dialogräume für synergetische Kreativität schaffen.

Genau das möchten wir mit evolve World als einem Begegnungsraum online ermöglichen. Wir freuen uns sehr, wenn Sie Mitglied bei evolve World werden und diesen Bewusstseinsort miteinander gestalten. In den Membership Meetings bieten wir eine Gelegenheit, die Themen des Magazins gemeinsam zu vertiefen und uns Feedback und Anregungen zu evolve zu geben. Auch das Communiverse als Inspirationsquelle und Dialogforum möchten wir als einen digitalen Ort gestalten, wo wir die neuen Impulse der Transformation miteinander teilen und weiterentwickeln, die es heute braucht. Und wie immer bieten unsere evolve Salons die Gelegenheit für ko-kreativen Austausch. Besonders mit dem existenziellen Thema dieser Ausgabe sind wir auch die Gespräche gespannt, Und natürlich auch auf die Resonanz, die diese Ausgabe finden wird.

Herzlichst

Mike Kauschke

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In einem der Treffen unseres redaktionellen Beirats – einem Gremium, in dem wir mit Menschen aus unserem Netzwerk die Themen des Magazins reflektieren – sprach die Kulturanthropologin Hildegard Kurt von unserer Zeit als einem Sterbefeld. Dieses Wort und was damit angesprochen ist, berührte und erschütterte uns. Denn es stimmt, unser Handeln verursacht ein weltweites Sterben. Menschen sterben an Hunger, wo doch genügend für alle da wäre, Kriege fordern Opfer. Artensterben und der Verlust von Lebensräumen dezimieren die Tierwelt. Durch Massentierhaltung und Überfischung töten wir unfassbare Mengen von Lebewesen unter grausamen Bedingungen. Klimawandel, Gifte in der Umwelt, Mikroplastik im Meer bedrohen ganze Ökosysteme. Wir leben in einer Zeit des Sterbens, das wir nicht sehen wollen. Aber entgeht uns dadurch nicht auch ein Hinweis auf Auswege aus unseren Krisen, die wir fieberhaft suchen?

In dieser Ausgabe wollen wir uns dieser Dynamik zwischen der Verdrängung des Todes und eines tieferen Verständnisses des Sterbens widmen. Denn Sterben wurde von den Weisheitstraditionen immer auch als Prozess der Transformation gesehen und das Bewusstsein unserer Sterblichkeit als Triebkraft der eigenen und der gesellschaftlichen Reifung verstanden. Der Tod ruft uns zum Wesentlichen, lässt uns spüren, was wirklich wichtig ist. Wenn wir uns für diesen Ruf öffnen. Vielleicht ist das ganz besonders heute unsere Aufgabe.

Thomas Steininger bezeichnet es in seinem Leitartikel als »existenziellen Sprung« zu dem uns die Konfrontation mit dem Tod auffordert. Dieser Ruf ergeht an jeden von uns im Moment unseres Sterbens. Was ist ein guter Tod? Und wie kann solch ein existenzieller Sprung auch uns als Gesellschaft gelingen?

Für Hildegard Kurt ist das Erkennen unserer Welt als ein Sterbefeld ein Aspekt dieses Sprunges in ein neues Wahrnehmen und Gestalten der Welt. Eine »post-tragische« Zeit nennt es der Philosoph Jonathan Rowson und fragt, wie wir die Verluste unserer Lebenswelt spüren und gleichzeitig wirksam handeln können. Die Pädagogin Vanessa Machado de Oliveira, die eng mit indigenen Gemeinschaften verbunden ist, sieht unsere moderne Welt mit ihren Logiken der Ausbeutung und Herrschaft über die Natur in einem Sterbeprozess, den wir weise begleiten können. In diesem Prozess einer kulturellen Sterbebegleitung können wir auch herausfinden, was daraus neu werden kann. Die lebendige Welt erneuert sich ständig in einem Prozess des Wandels, in dem gestorbene Lebewesen zum Humus des Neuen werden. Für den Biologen Andreas Weber kommen wir dem liebenden Kern der Welt nahe, wenn wir auf diese Weise »essbar werden« und nicht an unserer getrennten Lebensform festhalten.

Besonders dankbar sind wir dafür, dass wir die Gelegenheit hatten, den 97-jährigen Benediktiner Bruder David Steindl-Rast zu interviewen, der auf ein langes Leben der Kontemplation und Meditation zurückblickt. Für ihn ist das Sterben ein Tor zum Wesentlichen. Auch der Kontemplationslehrer Claus Eurich sieht im Tod die Einladung in eine Transformation, die mit Nichtwissen und Demut einhergeht.

Die Dynamik von Transformation, dem Vergehen des Lebendigen und die Verschiebung des eigenen Wahrnehmens erreicht die Fotokünstlerin Tamara Dean meisterhaft in ihren Arbeiten. Deshalb freuen wir uns sehr, dass wir diese Ausgabe mit ihren Fotos gestalten konnten. Sie bringen die Atmosphäre des Zwischenraums, des Unbekannten, des großen Geheimnisses wunderbar zum Ausdruck.

In der kulturellen Transformation, in der wir uns gerade befinden, die auch ein Prozess des Sterbens und Neuwerdens ist, wollen wir mit unserem Magazin und unseren neuen digitalen Angeboten von evolve World eine Unterstützung sein. Denn, so sind wir überzeugt, solche existenziellen Prozesse des Loslassens und der Unsicherheit sind leichter zu bestehen und zu gestalten, wenn wir Biotope für zukünftige Möglichkeiten, Netzwerke der Zuversicht, Erfahrungsfelder für Weisheitspraxis, Dialogräume für synergetische Kreativität schaffen.

Genau das möchten wir mit evolve World als einem Begegnungsraum online ermöglichen. Wir freuen uns sehr, wenn Sie Mitglied bei evolve World werden und diesen Bewusstseinsort miteinander gestalten. In den Membership Meetings bieten wir eine Gelegenheit, die Themen des Magazins gemeinsam zu vertiefen und uns Feedback und Anregungen zu evolve zu geben. Auch das Communiverse als Inspirationsquelle und Dialogforum möchten wir als einen digitalen Ort gestalten, wo wir die neuen Impulse der Transformation miteinander teilen und weiterentwickeln, die es heute braucht. Und wie immer bieten unsere evolve Salons die Gelegenheit für ko-kreativen Austausch. Besonders mit dem existenziellen Thema dieser Ausgabe sind wir auch die Gespräche gespannt, Und natürlich auch auf die Resonanz, die diese Ausgabe finden wird.

Herzlichst

Mike Kauschke

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Mike Kauschke
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