Ein Labor für menschliche Einheit

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Published On:

April 17, 2018

Featuring:
Mirra Alfassa
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Ausgabe 18 / 2018:
|
April 2018
Was ist heute heilig?
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50 Jahre Auroville

Dieses Jahr feiert die größte und langlebigste internationale Gemeinschaft, Auroville, ein »Labor« für die Ausarbeitung von menschlicher Einheit in Vielfalt, fünfzigjähriges Jubiläum. 1968 gründete Mirra Alfassa in Süd-Indien mit Unterstützung der UNESCO, der indischen Regierung und jungen Repräsentanten von 124 Nationen diese universelle Projektstadt, inspiriert von der Gesellschaftstheorie von Sri Aurobindo. Damals wurde die Vision der Stadt so formuliert: »Irgendwo auf der Erde sollte es einen Ort geben, den keine Nation als ihr alleiniges Eigentum beanspruchen kann. Einen Ort, in dem alle Menschen mit gutem Willen und aufrichtigem Streben frei als Weltbürger leben können.« Heute versuchen mehr als 2700 Menschen aus über 50 Nationen diesen Traum durch Experimente in allen Aspekten des Lebens auszuarbeiten.

Vor 50 Jahren begannen die ersten Aurovilianer auf einem wüstenartigen Plateau an der Küste des bengalischen Meeres in sengender Hitze zarte Setzlinge zu pflanzen und zu pflegen. Heute floriert in Auroville ein Wald- und Ökosystem, dessen beeindruckende Pflanzen- und Tiervielfalt in einem Artikel des Journals für Biodiversität (Blanchflower, 2005) dokumentiert wurde. Im Jahr 2015 gründeten Auroville und die regionale Regierung des indischen Bundesstaates Tamil Nadu das Sustainable Livelihood Institute, in dem Aurovillianer Regierungsmitarbeitern, Unternehmern und Privatpersonen praktisches Wissen für nachhaltige Entwicklung vermitteln. Andere Nachhaltigkeitsprojekte Aurovilles sind weltweit aktiv und erhielten bereits internationale Auszeichnungen.

Auroville ist heute ein Campus für Lernen und Experimente in allen Bereichen des Lebens.

Dies ist jedoch nur ein Experimentierfeld im »Labor Auroville«. Die Charta Aurovilles sieht »nie endende Bildung«, »immerwährenden Fortschritt und eine Jugend, die niemals altert«, sowie die Nutzbarmachung von »äußeren und inneren Entdeckungen« und »materieller und spiritueller Forschung«, »für eine lebendige Verkörperung einer wahren menschlichen Einheit« vor. In diesem Sinne ist Auroville heute ein Campus für Lernen und Experimente in allen Bereichen des Lebens: Integrale Bildung (durch diverse Schul- und Bildungsprojekte), Völkerverständigung (z.B. in der »Internationalen Zone«), Kultur (in einer lebendigen Künstler- und Musikerszene), bewusste und nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung (mit über 100 gemeinschaftseigenen Firmen), kollektives Wohnen, nachhaltiges Bauen, Stadtplanung, Organisation und Entscheidungsfindung u. a. In all diesen Experimentierfeldern und deren gemeinschaftlicher Integration erlaubt die inspirierte Versuch-und-Irrtums-Methode einen hohen Grad an Freiheit und Flexibilität – auch zu scheitern und dann wieder etwas Neues zu versuchen. Besonders junge Leute nutzen die Möglichkeiten des Labors, beispielsweise durch das von der deutschen Regierung mitfinanzierte »Weltwärts«-Programm, das in Auroville seit zehn Jahren von Auroville International Deutschland e.V. organisiert wird. Universitäten in Frankreich, Kanada und den USA haben Reisen ihrer Studenten nach Auroville für Feldforschung und Praktika in ihre Studienpläne aufgenommen, und viele andere kommen im Rahmen von Abschlussarbeiten, Forschungsprojekten oder zur praktischen Mitarbeit über Aurovilles Volontär-Service »SAVI« (»Schlüssel« in Tamil).

Die fünfte UNESCO-Resolution zu Auroville aus dem Jahr 2017 bezeichnet das Labor u. a. als ein »erfolgreiches und einzigartiges Modellprojekt« und ein »Zentrum für Expertise in einer weiten Auswahl von Feldern«. Indiens Premierminister Narendra Modi schloss seine Rede im Rahmen des Programms der Feierlichkeiten zu Aurovilles 50. Geburtstag vor Ort wie folgt: »Möge Auroville als Leuchtfeuer für die Welt dienen. Möge es der Hüter sein, der das Niederreißen der engen Mauern des Verstandes einfordert. Möge es weiter jeden einladen, die Möglichkeiten menschlicher Einheit zu zelebrieren.« Die Gründerin Aurovilles lud 1968 »alle Menschen guten Willens« ein, am Experiment teilzuhaben – diese Einladung steht bis heute.

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