Mich inspiriert die Frage, wie wir es schaffen, dass, angesichts des Wohlstands in unserem Land, die Würde des Menschen unangetastet bleibt und die Armut eingedämmt wird. Eine neue Perspektive ist die Idee des bedingungslosen Grundeinkommens, dass jedem Mitmenschen ein bescheidenes aber menschenwürdiges Leben ermöglicht. Damit würden wir Rahmenbedingungen schaffen, dass die Menschen sich dort einbringen können, wo es für sie sinnvoll ist. Denn je mehr Bürgerinnen und Bürger selbst erkennen, was zu tun ist und dies eigeninitiativ ergreifen, desto höher ist das Wohl einer Gemeinschaft.
Ein Einkommen benötigen wir, um zu leben. Es ist die Voraussetzung, um tätig werden zu können. Die Arbeit brauchen wir, um uns zu entwickeln, um über uns hinaus zu wachsen. Dies anzuerkennen kommt für das gesellschaftliche Bewusstsein einer kopernikanischen Wende gleich. Wer einen Freiraum erhält, kann seinen Ariadnefaden finden und sich seiner selbst bewusst werden. Jeder sollte sich fragen dürfen: „Was will ich im Leben?“ oder „Worin besteht meine persönliche Lebensidee?“ Solange aber das Einkommen an der Arbeit klebt, also das Verständnis vorherrscht, dass Arbeit bezahlt wird, und dass wer zahlt, auch bestimmt, was getan wird, bleibt unsere Gemeinschaft weit hinter ihren Möglichkeiten zurück.
Je mehr Menschen einen Freiraum erhalten, um Ihre Biografie zu gestalten, um so eher gelingt es unserer Gemeinschaft, die Zukunft zu gestalten.
Prof. Götz W. Werner, Gründer und Aufsichtsrat von dm-Drogerie markt
Angesichts der globalen Herausforderungen, vor denen wir heute stehen, scheinen unsere bisherigen politischen Modelle nicht mehr auszureichen, um zukunftsfähige Antworten zu finden. Deshalb wenden sich viele Menschen neuen Visionen des gesellschaftlichen Miteinanders und neuen Wertehaltungen zu. Wir haben Menschen, die in verschiedenen Bereichen an solchen Alternativen mitwirken, gefragt:
Welche Möglichkeiten des politischen Wandels inspirieren Sie?
Mich inspiriert die Frage, wie wir es schaffen, dass, angesichts des Wohlstands in unserem Land, die Würde des Menschen unangetastet bleibt und die Armut eingedämmt wird. Eine neue Perspektive ist die Idee des bedingungslosen Grundeinkommens, dass jedem Mitmenschen ein bescheidenes aber menschenwürdiges Leben ermöglicht. Damit würden wir Rahmenbedingungen schaffen, dass die Menschen sich dort einbringen können, wo es für sie sinnvoll ist. Denn je mehr Bürgerinnen und Bürger selbst erkennen, was zu tun ist und dies eigeninitiativ ergreifen, desto höher ist das Wohl einer Gemeinschaft.
Ein Einkommen benötigen wir, um zu leben. Es ist die Voraussetzung, um tätig werden zu können. Die Arbeit brauchen wir, um uns zu entwickeln, um über uns hinaus zu wachsen. Dies anzuerkennen kommt für das gesellschaftliche Bewusstsein einer kopernikanischen Wende gleich. Wer einen Freiraum erhält, kann seinen Ariadnefaden finden und sich seiner selbst bewusst werden. Jeder sollte sich fragen dürfen: „Was will ich im Leben?“ oder „Worin besteht meine persönliche Lebensidee?“ Solange aber das Einkommen an der Arbeit klebt, also das Verständnis vorherrscht, dass Arbeit bezahlt wird, und dass wer zahlt, auch bestimmt, was getan wird, bleibt unsere Gemeinschaft weit hinter ihren Möglichkeiten zurück.
Je mehr Menschen einen Freiraum erhalten, um Ihre Biografie zu gestalten, um so eher gelingt es unserer Gemeinschaft, die Zukunft zu gestalten.
Prof. Götz W. Werner, Gründer und Aufsichtsrat von dm-Drogerie markt
Die Möglichkeiten sehe ich vor allem darin, dass ganz unterschiedliche Menschen heute vollkommen neue Formen des Zusammenarbeitens zur Verfügung haben und dadurch aktiv zusammen gestalten können. Wir haben es ja oft mit komplizierten und komplexen Themen zu tun, und ich denke sowohl durch technologische Möglichkeiten, die wir heute haben, aber eben auch durch soziale Methoden, wie die verschiedenen partizipativen Ansätze, ist es heute auf ganz andere Weise möglich, gemeinsames Verständnis oder kollektive Intelligenz zu erzeugen. Und daraus können wir Entwürfe und Gestaltungen für die Zukunft entwickeln.
Mit dem Projekt der Bundeswerkstatt möchten wir einen Ort schaffen, der genau diese Möglichkeiten unterstützt. Wir sprechen auch etwas provokant von der dritten parlamentarischen Kammer. Aber es geht nicht darum, ein weiteres Parlament zu schaffen, wo geredet oder abgestimmt wird. Für uns ist interessant zu sehen, was entstehen kann, wenn Menschen zusammen Dinge entwickeln, die dann auch ganz konkret werden.
Jascha Rohr, Mitbegründer der Bundeswerkstatt
Mich inspiriert eine Ausrichtung des politischen Denkens und Handelns am evolutionären Design. Die Kosmogenese offenbart, dass die Evolution ein Telos hat. Sie strebt zu immer mehr Bewusstsein, Freiheit und synergetischer Ordnung. Dieses durch die Universelle Intelligenz bevorzugte schöpferische Muster berührt alle Bereiche des sozialen Körpers, so auch unsere Regierungsformen. Unsere jetzige Demokratieform hat bislang nicht ihr volles Potenzial realisiert, dennoch adressiert sie Komplexität besser und bietet vergleichsweise mehr Freiheit als andere etablierte Systeme. Was könnte der nächste Schritt sein? Unsere Demokratie ist eine Oppositionsdemokratie, sie stellt eine Vielfalt dar, in welcher die einzelnen Parteien stark mit einem bestimmten Wertesystem identifiziert sind. Diese Anhaftung an eine Weltanschauung führt zu Trennung und Polarisierung: „wir gegen sie“. Das integrale Zeitalter, das sich nach unserer postmodernen Ära anbahnt, bringt eine allumfassende Perspektive mit sich. In diesem Kontext von evolutionärer Entwicklung könnte die Oppositionsdemokratie sich in eine synergetische Demokratie verwandeln. Die Vielfalt der politischen Landschaft bleibt erhalten, aber die vorhandenen Ressourcen, Stärken und Potenziale der einzelnen Gruppierungen werden synergetisch gebündelt.
Claudine Villemot-Kienzle, Co-Gründerin Center for Human Emergence, Deutschland-Österreich-Schweiz
Mich fasziniert, dass so vieles möglich geworden ist, global, regional, kommunal. Gleichzeitig beschneiden wir unsere Möglichkeiten. Wir setzen andauernd Sicherheit vor die Freiheit. Wir sollten die Wucherungen der oftmals völlig unsinnigen Sicherheitsdienste nicht mehr weiter zulassen, die uns einreden wollen, sie schützen uns.
Die größte Pleite unserer Demokratie: dass wir Bürger nicht mehr gern wählen gehen, sondern beobachten müssen, dass unsere Entscheidungen zu einer wochen- und monatelangen Blockade des Parlaments führen. Dass wir zu viel den Zuständigen überlassen, und es nicht mehr selbst in die Hand nehmen, dass wir zu viele Genehmigungen brauchen, um uns selbst und unseren Mut zu beweisen. Deshalb habe ich gelernt: Nimm die Dinge in Deine eigenen Hände, verlange nichts vom Staat, der kann es nicht schaffen, mache es selber und frage nicht.
Wir brauchen mehr Freiheit und Freiheit vor Sicherheit. Die Boat-People aus Vietnam, die heute gute deutsche Bürger geworden sind, sind das deshalb, weil sie Freiheit vor Sicherheit setzten.
Rupert Neudeck, Gründer des Cap Anamur/Deutsche Not-Ärzte und Vorsitzender des Friedenskorps Grünhelme
Ich glaube nicht an einen politischen Wandel; dafür ist die Unterwanderung der Politik durch das globale Kapital zu weit fortgeschritten. Das eine Prozent der Menschheit, das über die größten Finanzmittel der Welt verfügt, verschiebt die Machtverhältnisse systembedingt stetig zu seinen Gunsten. Der Krebs der Geldsysteme führt zu immer stärkerer Einengung der Freiheitgrade der gewählten Volksvertretungen und erodiert die demokratischen Werte, sodass auch bisher freie Gesellschaften zunehmend in die Richtung von Oligarchien und totalitären Systemen abkippen.
Ich hoffe vielmehr inständig, dass sich die übrigen 99 Prozent der Weltbevölkerung in vielleicht letzter Minute auf ihre Eigenmacht besinnen. Ich hoffe, dass es der Zivilgesellschaft noch rechtzeitig gelingt, eigenmächtig eine Vision von einem guten, enkeltauglichen Leben zu entwickeln, dessen Leitlinien dann in Grundzügen bereits Konsens sind, wenn die sich unaufhaltsam beschleunigende Übernutzung der planetaren Lebensquellen zum Kollaps des herrschenden Ausbeutungsmodells führt.
Ein gutes Ende der gegenwärtigen Periode des Weltwandels erscheint fraglich. Nichtsdestotrotz inspirieren mich viele Keimlinge des Neuen, die in jüngster Zeit in der Zivilgesellschaft herangewachsen sind und ihre frischen, grünen Blättchen über den vergifteten Ackerboden erheben.
Johannes Heimrath, Herausgeber der Zeitschrift oya und Autor
Was wir im Moment beobachten, ist eine gestiegene politische Sensibilisierung, die sich in den unterschiedlichsten Bewegungen zeigt. Während es unten rumort und überall Protestbewegungen sur place entstehen, versteinern sich indessen die klassischen politischen Institutionen. Das ergibt ein ziemlich gefährliches Gemisch.
Lange war ich der Überzeugung, dass Bildung und Informationen automatisch Veränderung bringen. Jetzt realisiere ich, dass es nicht mehr reicht, das Bewusstsein zu ändern, sondern dass es harte Machtkämpfe braucht, um die Menschen wieder an der politischen Gestaltungsmacht beteiligen zu können. Ich wünsche mir eine große Diskussion über existierende, wünschbare, historisch gelebte Menschenbilder. Jede Politik basiert auf einem ganz bestimmten Menschenbild. Was wir jetzt erleben ist die klassische Hobbes-Dystopie: „Der Mensch ist des anderen Menschen Wolf“. Wir erleben auch die biologisch-medizinisch motivierte Politik der „schönen neuen Welt“. Ich kann nur mit Christina von Braun (Der Preis des Geldes) sprechen, wenn sie einfach die Hoffnungen auf die Menschen setzt, die viel besser, gemeinwohlorientierter, sozialer und menschlicher handeln als die Medien uns dies vormachen.
Dr. Regula Stämpfli, Politikwissenschaftlerin und Autorin
Wir brauchen Beteiligung und Verantwortlichkeit von Anfang an. Kinder und Jugendliche brauchen altersgemäße Möglichkeiten, nicht nur Konsumenten dieser Welt zu sein, sondern als junge WeltbürgerInnen einen Unterschied zu machen. Wir Erwachsenen müssen sie dabei unterstützen und entgegenkommende Verhältnisse schaffen in Bildung, Gesellschaft und Politik – für eine kindergerechte und damit menschengerechte Welt, in der jede und jeder seine Potenziale zum Wohl des Ganzen entwickeln kann. Dafür engagiere ich mich seit vielen Jahren, zusammen mit Partnern aus anderen zivilgesellschaftlichen Organisationen, staatlichen Institutionen, Stiftungen, Schulen. Kinder und Jugendliche selbst können dabei als JuniorBotschafter für Kinderrechte und Peer-Leaders eine wichtige Rolle spielen. Makista ruft daher seit über 10 Jahren gemeinsam mit UNICEF Deutschland, dem Kinderkanal und der Zeitschrift Geolino zur Beteiligung am bundesweiten Wettbewerb JuniorBotschafter für Kinderrechte auf. Die Zukunft beginnt JETZT, mit unseren Haltungen und unserem Verhalten schaffen wir eine neue solidarische Kultur und die geeigneten Strukturen.
Sonja Student, Vorsitzende des Vereins „Macht Kinder stark für Demokratie“ und Mitgründerin der DIA – Die Integrale Akademie
Die Soziale Skulptur, also die Mensch-gemäße Form des gesellschaftlichen Ganzen nach Maßgabe der Kunst, gibt aus sich heraus, d. h. unmittelbar, Auskunft über die Weise ihrer Hervorbringung. Diese Bestimmung zum Künstler der Sozialen Skulptur als ureigene Ich- und somit Freiheitserfahrung ist von Ich zu Ich und nur in dieser Direktheit kommunizierbar. Erst in der Wirksamkeit dieses Begriffs geht die Notwendigkeit (1) und dann auch die Form (2) eines gesellschaftlichen Zentralorgans (Herzorgans) auf, das an die Stelle jener unseligen Komplementarität von Zentralismus und bloß privater Heilserfüllung tritt.
Natürlich kann man jetzt fragen, was das denn nun mit Politik zu tun habe. Eben nichts! Denn die bewegt sich im herrschenden System, aber in dem ist nichts mehr zu finden. Schon gar nicht die Neubestimmung – oder was dasselbe ist: die Erlösung des Geldwesens aus der kapitalistischen Vereinnahmung. Ersetzt werden muss der überkommende Begriff der Politik durch den der Sozialen Skulptur, deren Formbestimmung in jedem Menschen aufgeht, also nur auch direkt in ihm und durch ihn ermittelbar ist.
Johannes Stüttgen, Schüler von Joseph Beuys und Gesellschafter des „Omnibus für direkte Demokratie“