Challenge is good
With the Alter Ego network, Ronan Harrington and Richard Bartlett create a meeting place where pioneers and leaders experience transformative processes to work more effectively and joyfully for social change.
April 17, 2023
Als Menschen neigen wir dazu, Intelligenz als eine Besonderheit zu betrachten, die uns vom Rest des Tierreichs und der natürlichen Welt trennt. In seinem Buch »Die unfassbare Vielfalt des Seins« hinterfragt James Bridle die herkömmliche Vorstellung von Intelligenz als eine rein menschliche Eigenschaft, die uns aus der Natur heraushebt. Dabei erweitert er unser Verständnis, indem er an vielen anschaulichen Beispielen das Konzept der nicht-menschlichen Intelligenz aufzeigt, welches im Verhalten von Tieren, Pflanzen, ganzer Ökosysteme und sogar physischer Systeme in der uns umgebenden natürlichen Welt zu finden ist.
So erfährt man, wie Bäume kommunizieren und wie sie junge Artgenossen ernähren, man liest, dass Kresse schon chemische Abwehrmaßnahmen einleitet, wenn sie ihre Fressfeinde nur hört, und dass der Spiegeltest zwar bei Delfinen und Rabenvögel wunderbar funktioniert, wenn man herausfinden will, ob ein Tier Ich-Bewusstsein hat, dass aber die Annahme, Paviane hätten keines, weil sie nicht entsprechend reagieren, ein Fehlschluss ist. Paviane interessieren sich nicht für Gesichter, sie kommunizieren über ihre Hintern.
Wir legen zu oft menschliche Maßstäbe an, wenn wir die Natur untersuchen. Bridle argumentiert, dass wir durch die Entwicklung eines Verständnisses für die der Natur innewohnende Intelligenz beginnen könnten, die Welt auf eine neue Art und Weise zu sehen, die die wechselseitige Abhängigkeit aller Lebewesen und der natürlichen Systeme, die uns erhalten, anerkennt.
»Technik ist ein integraler Bestandteil der natürlichen Welt.«
Die eingeschränkte anthropozentrische Sichtweise von Intelligenz hat zu den verschiedensten Problemen beigetragen. Unser heutiger Umgang mit Technologie basiert auf der falschen Prämisse einer Trennung von Mensch und Umwelt. Es ist nicht intelligent, wenn uns Künstliche Intelligenz dabei hilft, fossile Energieträger effektiver aus dem Boden zu holen oder Menschen lückenloser zu überwachen. Damit übertragen wir lediglich unsere falschen Vorstellungen, unser falsches Denken, das Ursache unserer Probleme ist, auch auf Entwicklungen, die uns eigentlich helfen sollten, diese Probleme zu überwinden. Stattdessen müssen wir erkennen, dass Technik ein integraler Bestandteil der natürlichen Welt ist. Bei allen Veränderungen, die wir an der Technologie vornehmen, müssen wir ihre Auswirkungen auf die Umwelt und die natürlichen Systeme, die das Gleichgewicht aufrechterhalten, berücksichtigen. Wir müssen mit der Natur leben, nicht gegen sie. Bridle fordert in seinem Buch ein neues Denken, einen Paradigmenwechsel in unserem Verständnis vom Menschen, seiner Technologie und unserer Beziehung zur natürlichen Welt.
Dieser Wandel erfordert ein Umdenken im Umgang mit Technik und ein Verständnis dafür, dass die Werkzeuge, die wir schaffen, nicht neutral sind, sondern von den Werten und Überzeugungen der Gesellschaft beeinflusst werden. Indem wir uns die natürliche Intelligenz zunutze machen, von der die menschliche Intelligenz nur eine von vielen Manifestationen ist, können wir beginnen, nachhaltigere und gerechtere Systeme zu schaffen, die im Einklang mit der natürlichen Welt stehen. Dies setzt voraus, dass wir erkennen, dass die Lösungen für unsere dringendsten Probleme nicht allein in der Technologie zu finden sind, sondern vor allem auf einem ganzheitlichen Verständnis der Welt um uns herum beruhen müssen.
James Bridles Buch ist ein wertvoller Beitrag zu unserem Verständnis von Intelligenz und Technologie. Es ermutigt uns, unser Handeln zu überdenken und eine neue Perspektive auf unsere Beziehung zur natürlichen Welt zu entwickeln. »Die unfassbare Vielfalt des Seins« ist ein außergewöhnliches Buch, das unser Verständnis von Intelligenz und Technologie erweitert.