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Unser Verständnis von Geist und Körper ist oft sehr dualistisch geprägt. Der Philosoph Gernot Böhme wendet sich in seinem Denken gegen diese Dualität und wurde mit seinen Arbeiten zur Ästhetik und Leibphilosophie bekannt. Wir sprechen mit ihm darüber, was eine innige Beziehung zu Leib und Welt heute bedeuten kann.
evolve: Leiblichkeit spielt in Ihrer Philosophie eine große Rolle. Lassen Sie mich mit einer allgemeinen Frage beginnen: Welche Bedeutung hat die Leiblichkeit für unser Menschsein?
Gernot Böhme: Vielleicht ist es dafür nützlich, zunächst den Unterschied zwischen Leib und Körper zu beschreiben, wie er sich inzwischen in der Phänomenologie eingebürgert hat. Der Körper ist unsere Natur, wie sie uns in Fremderfahrung gegeben ist, also in einer naturwissenschaftlichen Sicht, durch den Blick des Arztes oder auch durch den Blick in den Spiegel. Die Leiberfahrung ist hingegen die Erfahrung unserer Natur quasi von innen: Als Leib bezeichnen wir unsere Natur, wie sie uns in Selbsterfahrung gegeben ist. Das Wichtige hierbei ist, dass wir darin die Qualität des „Pathischen“ erfahren, im Unterscheid zum Aktiven. Pathisch heißt allgemein, das was uns widerfährt. Leibsein ist ein pathisches Phänomen, insofern wir uns als Leib selbst gegeben sind und insofern in uns leibliche Regungen aufsteigen. Leben widerfährt uns
Die Leiberfahrung ist hingegen die Erfahrung unserer Natur von innen.
e: Diese innere Erfahrung des Leibes wird bei uns oft vernachlässigt. Wir meinen, dass wir einen Körper haben, aber wir vergessen, dass wir ein Leib sind – wie es Graf Dürckheim einmal formulierte.
GB: Dieser Unterschied von Sein und Haben, wie er ja auch bei Helmuth Plessner vorkommt, ist meiner Ansicht nach nicht für dem Unterschied von Leib und Körper entscheidend. Tatsächlich sind wir ja auch immer Körper. Leib und Körper, die durch die Erfahrungsweise streng getrennt sind, werden in der Praxis miteinander vermittelt. So in jeder Bewegung. Wir bewegen uns aus unserem Leibgefühl heraus, allerdings so, dass wir im Raum die mechanischen Gesetze erfüllten, denen wir als Körper unterworfen sind. Wir vermeiden Hinternisse und nutzen z. B. bei einer Pirouette im Eislauf das Gesetz von der Erhaltung des Drehimpulses. In den westlichen Kulturen verstehen wir uns vom Ich her, also als eine Handlungsinstanz. So finden wir aber keinen Zugang zum Leib, denn der Leib ist, was uns gegeben ist – oder wie er uns selbst gegeben ist. Die Leiberfahrung ist in diesem Sinne eine pathische Erfahrung. Ich möchte damit nicht sagen, dass wir unsere eigene Existenz erleiden, aber sie widerfährt uns. In unserer Zivilisation ist im Gegensatz dazu ein Verstehen vom Ich her vorherrschend. Deshalb verstehen wir die einfachsten Dinge, die leiblich geschehen, als Handlung. Das zeigt sich schon in der Sprache. Wenn ich zum Beispiel sage, „ich schlafe“, dann klingt es so, als wenn ich den Schlaf mache. Oder noch extremer in der Formulierung, „ich mache Liebe“, „to make love“. Das alles sind ja eigentlich Erfahrungen, in die wir uns einschwingen, weil sie von unserem Leib und von unserer Natur her von selbst geschehen. Es ist nicht selbstverständlich, sich in Erfahrungsweisen einzuschwingen, wir müssen uns vielmehr darin üben.
e: Dieses Ich-Verständnis, auf das wir so viel aufbauen und dass – im Guten wie im Schlechten – eine Grundlage unserer westlich-europäischen Kultur und unseres Selbstverständnisses ist, beziehen wir auch auf unsere Körperlichkeit.
GB: Ja, wir leben dann aus einem Dualismus, oder besser: in einer Polarität mit einem Ich, das den Körper regiert. Das zeigt sich vor allem beim Leib, den man als Körper instrumentalisiert. Leider ist das unsere durchschnittliche Existenzform in der westlichen Zivilisation. Grund dafür ist die Philosophie des Descartes und die darauf aufbauende Pädagogik. Das eigentliche Menschsein bedeutet dann, dass man sich zum Vernunftmenschen stilisiert, ein herrschendes Ich in sich ausbildet, das den Körper instrumentalisiert und unserem Willen unterwirft. Dabei fällt das Rezeptive natürlich ganz und gar weg, das heißt, in dieser Haltung zu uns selbst sind wir nicht offen für das, was sich uns aus der leiblichen Existenz her zeigt.
Sehen lernen
e: Wie zeigt sich diese Instrumentalisierung des Körpers?
Unser Mentalitätshintergrund verleitet uns, alles als Tun zu verstehen.
GB: Der Gegenwartsmensch stimuliert sich zum Beispiel durch Drogen oder andere Mittel zu den Leistungen, die heute gefordert werden, etwa die Einnahme von Schlafmitteln oder Aufputschmitteln. Sportler, Manager oder Studenten unter starker Belastung versuchen sich durch irgendwelche Mittel zu stimulieren – nicht etwa durch Meditation und Ausbildung innerer Kräfte, das wäre ja auch möglich. Wir behandeln uns also oft wie eine große steuerbare Maschine. Und werden es dadurch ja auch. Diese Praxis des Umgangs mit sich selbst ist gewissermaßen eine Art Bildungsprozess: Wir bilden uns selbst durch die Art und Weise, wie wir mit uns umgehen.
e: Wie würde es im Gegensatz dazu aussehen, wenn wir unsere Leiblichkeit tiefer verstehen würden?
GB: Man muss sich darin einüben aber es ist natürlich auch eine Frage der Einstellung. Nehmen wir das Beispiel mit dem Einschlafen, das ist ja eine Kunst! Meditative Übungen zum Beispiel können dazu führen, dass man sich soweit entspannt, dass man einschläft. Dann braucht man keine Tabletten dafür. Ein anderes Beispiel ist unser Umgang mit Schmerz. Ich will nicht sagen, dass man Schmerz in jedem Fall ausschalten kann, aber durch bestimmte Entspannungstechniken kann er zumindest gedämpft und gemildert werden. Man muss nicht in jedem Fall gleich eine Tablette einwerfen. Oder das Beispiel der leiblichen Liebe. Unsere Mitwelt heutzutage leidet häufig an Impotenz. Daher auch der Missbrauch von Viagra, das nicht nur alte Herren nehmen, um sich medikamentös in Schwung zu bringen, - auch junge Leute verwenden es. Dann ist aber kein Raum mehr dafür, dass Liebe uns überkommen kann und uns anweht und dass man dafür Zeit braucht und abwartet, was geschieht. „Liebe machen“ bedeutet hingegen: Jetzt muss es geschehen, wir haben nur eine halbe Stunde Zeit.
Die Offenheit für das Leibliche muss man einüben.
Die Offenheit für das Leibliche muss man also einüben, indem man sich dem aussetzt, was geschieht und nicht zielgerichtet eine bestimmte Sache verfolgt. Ein einfaches Beispiel für solch eine Übung der Offenheit ist die Betrachtung von Kunst. Was machen die Menschen, wenn sie im Museum und vor einem Bild stehen? Sie schauen auf das Schild, auf dem steht, von wem das Bild ist und wie es heißt. Dann gehen sie weiter. Dabei machen sie natürlich keine Erfahrungen. Wenn sie an einer Führung teilnehmen, werden sie zugedeckt mit biografischen und kunstgeschichtlichen Informationen und laufen in einem Pulk von 50 Leuten durch die Ausstellung: Da machen sie auch keine Erfahrungen. Offenheit einüben bedeutet hier, dass man sich vor ein Bild stellt und wartet. Lange, richtig lange. Am besten überlange, denn in dem Moment, wo es überlang wird, rührt sich plötzlich was: Dann kommt das Bild auf einen zu. Dann sagen wir: „Mir gehen jetzt die Augen auf.“ Das Bild auf sich zukommen zu lassen, setzt „den einfältigen Blick des Kindes“ voraus: Einfach einmal offen sein und das, was als Anblick auf uns zukommt, in uns einströmen lassen. Das ist eine gute Übung, weil diese Einstellung des Abwartens und des Sich-Öffnens auch in anderen Bereichen – wie beim Umgang mit Schlaf und leiblicher Liebe – möglich ist.
Wunder der Anwesenheit
e: Eine solche Begegnung mit dem Kunstwerk bezieht sich nicht primär auf meine Erwartungshaltung oder ein bestimmtes Wissen. Es ist hingegen eine Unmittelbarkeit, die sehr viel mit meiner eigenen leiblichen Unmittelbarkeit zu tun hat.
GB: Ganz richtig. Eine solche Erfahrung setzt erst eine leibliche Anwesenheit in der Nähe des Kunstwerkes voraus. Reproduktionen in Büchern haben nicht die gleiche Wirkung. Das ist besonders bei Skulpturen der Fall, weil hier noch das leibliche Spüren eine Rolle spielt: das Spüren meiner selbst in Beziehung zur Skulptur.
e: Bei Skulpturen kommt es besonders zum Tragen, weil man sagen kann, dass „Skulpturen den gleichen Raum bewohnen, den auch wir bewohnen“. Ein Gemälde ist in seiner Zweidimensionalität in gewisser Weise in einer anderen Dimension. Wenn wir der Erfahrung nachgehen, die Sie schildern, und eine Skulptur in ihrer Anwesenheit erfahren, dann bedarf es zweierlei: es bedarf der Anwesenheit dieses Kunstwerks und es bedarf auch meiner Anwesenheit. Das trifft ja nicht nur auf die Kunst zu, sondern auch auf einen Menschen, eine Stadt, ein Naturerleben. In der Anwesenheit eines Menschen, eines Waldes, eines Berges, einer Skulptur erlebe ich mich in der Anwesenheit im Leib.
GB: Ja, Anwesenheit ist leibliche Anwesenheit und es ist ja eine haarsträubende Tatsache, dass ganze Bücher über Wahrnehmung geschrieben wurden und darin kommt nicht vor, dass man da sein muss, wenn man etwas wahrnehmen will. Diese Erfahrung der Anwesenheit ist immer auch eine Selbsterfahrung. Man ist anwesend bei der Skulptur aber dabei erfährt man auch die eigene Präsenz. In unserer Zivilisation wird das, was man Gegenwart, Augenblick oder Präsenz nennen könnte, überspielt oder herabgewürdigt. Der Begriff von Gegenwart als einem ausdehnungslosen Jetzt ist natürlich völlig verfehlt, weil wir als Menschen in solch einer Gegenwart nicht leben könnten. Der Ausdruck „anwesend sein“ impliziert, dass wir in einer ausgedehnten Dauer hier anwesend sind. Und es ist immer eine geteilte Anwesenheit mit anderen Menschen oder mit Dingen, ein Zusammenleben gewissermaßen.
Wir behandeln uns also oft wie eine große steuerbare Maschine.
Unser Menschsein ist immer Leben und das bedeutet, dass wir niemals im ausdehnungslosen Jetzt existieren können. Jeder Satz, den man spricht, jede Bewegung, die man macht, jeder Atemzug, jeder Herzschlag ist etwas, das sich über die Zeit erstreckt. Und diese Feststellung heißt bereits, dass die leibliche Lebendigkeit eines der wesentlichsten Elemente unserer menschlichen Existenz ist. Man kann das auch so ausdrücken: Wir sind Organismen und Organismen brauchen Zeit. Diese biologistische Ausdrucksweise ist zwar nicht falsch, doch sie betrifft den Körper. Aus unserer leiblichen Selbsterfahrung müssen wir sagen: Unsere Existenz ist Leben und Leben geschieht in der Zeit. Nach der Definition der frühgriechischen Lyriker haben wir als Menschen den Charakter des Ephemeren, des Flüchtigen. Mit dem Begriff „ephemeroi“ meinten sie, dass wir Tageswesen sind, wir leben im und dem Tage. Diese zeitliche Anwesenheit entgeht uns aber, wenn wir nicht die Ruhe haben, uns darauf einzulassen, und immer schon mit unserem Bewusstsein in Vergangenheit und Zukunft abgedriftet sind. Oder in einer Zeit leben, die im Grunde der physikalische Parameter einer Reihe von Jetzten ist – also der Terminzeit.
Absteigende Mystik
e: In Ihrem Buch „Bewusstseinsformen“ sprechen über Meditation in einer ungewöhnlichen Art und Weise. Sie sprechen hier auch vom Gegensatz einer aufsteigenden Mystik und einer absteigenden Mystik. Sehen Sie die meditative Übung in diesem Sinne auch als ein Ankommen in unserer Leiblichkeit?
GB: Meditation ist Ankommen in unserer Leiblichkeit, beziehungsweise auch in der Situation, in der wir gerade sind. Zu diesem Thema fällt mir immer eine Begebenheit mit meinem Lehrer Carl Friedrich von Weizsäcker ein. Wir gingen in Hinterzarten durch die Wiesen des Schwarzwalds spazieren. Plötzliche riss er ruckartig seinen Regenschirm hoch und sagte: „Das ist Buddha!“ In einer europäischen Mystik wäre das eher ungewöhnlich, weil man hier von der leiblichen Existenz absieht und sich ins Geistige erhebt. Dabei möchte man die Erfahrung des Unendlichen oder Gottes machen. Während in östlicher Meditation die Erfahrung dieser Blume hier vor mir die entscheidende Sache sein kann. Das heißt, die Erfahrung einer Meditation kommt auch bei der eigenen Leiblichkeit an, bei der eigenen Anwesenheit aber auch bei dem, worin man sich gerade befindet – beim Ephemeren. Die Zazen-Meditation, die ich kennengelernt habe, geschieht mit offenen Ohren, was man hört, gehört immer dazu. Der Mönch, bei dem ich gelernt habe, hat, wenn es nur irgend ging, die Tempeltüren geöffnet! Eine absteigende Mystik kommt also bei dem, was leiblich da ist, an. Es gibt dafür auch ein Beispiel aus der europäischen Mystik: Jakob Böhme erfuhr seine Erleuchtung im jähen Anblick seines zinnernen Gefäßes. Er ist nicht irgendwohin abgehoben, sondern dieser Anblick hat in „Centro“ der Natur geführt, das man auch Gott nennen kann.
Mein philosophisches Bemühen geht gegen diesen Verlust an Sein beim Menschen.
Ansonsten dominiert in Europa der Weg, der sich von der sinnlichen Präsenz abwendet und versucht, sich zum Unendlichen, zum Ewigen zu erheben. Vielleicht ist es so, dass man von einer höheren Einsicht her sagen kann, das sind verschiedene Seiten desselben. Aber ich finde, im Moment ist es notwendig, dass man diese absteigende Seite betont, weil wir in unserer Lebensform unsere Leiblichkeit, unsere leibliche Anwesenheit und die Bedeutung des „gemeinsam Anwesend-Seins“ verloren haben.
e: Was Sie hier beschreiben, erinnert mich sehr an Heideggers Wort für den Menschen: Da-Sein – wir sind immer schon da, bevor wir uns etwas dazu denken.
GB: Es ist interessant, dass Heidegger den Menschen so nennt, natürlich ist wichtig, dass er damit auch ein In-der-Welt-Sein meint. Mein philosophisches Bemühen geht gegen den Verlust an Sein beim Menschen. Durch unsere technische Zivilisation und unser Leben in Verkehr und Arbeit entgeht uns zum großen Teil das Menschsein. Dazu ist es wichtig, dass ich bei meinem eigenen Dasein aber auch beim Dasein der Dinge ankomme. Bei einer Übung, die ich dazu in einem Seminar über Anschauen und Wahrnehmen machte, haben wir mit Äpfeln gearbeitet. Jeder hatte seinen Apfel und sollte ihn so beschreiben, wie er dort liegt. Von über 40 Teilnehmern hat nur eine einzige Frau die Übung verstanden. Die anderen haben den Apfel an sich beschrieben, seine Form, seine Färbung usw. Aber dass der Apfel da liegt, in einer Beziehung zur Tischplatte, dass das Licht auf ihm spielt – das Ephemere, die Insignien seines Daseins –, hat niemand sonst bemerkt. Eine andere Übung sind Hörspaziergänge. Oder folgender Versuch: Unser Institut liegt im dritten Stock und einmal habe ich alle Teilnehmer runtergeschickt: sie sollten doch bitte noch einmal die Treppen heraufgekommen, so wie sie heraufgekommen sind. Aber sie wussten nicht, wie sie in den 3. Stock gekommen waren, sie stapfen einfach rauf bis sie da waren. Heute laufen solche Übungen wohl unter dem Stichwort Achtsamkeit.
Was uns trägt
e: Welche Bedeutung hat die Leiblichkeit in der Meditation?
GB: In der Zen-Meditation steht die Leiblichkeit der Übung sehr im Vordergrund. Im Zen und auch in vielen anderen Meditationsformen ist das Atmen ganz grundlegend. Das Atmen ist schon immer ein leiblicher und auch ein zeitlicher Vorgang. Im Atmen kann man auch den eigenen Herzschlag erfahren, das heißt aber: Ich bin selber Zeit. Meditation wird dann ein Vorgang für das „Sich-Einüben“ in die leibliche Existenz.
e: In der Meditationserfahrung gibt es einen Kipppunkt, wo man nicht mehr einen Atem hat, sondern wo man in dem Atem, den man hat, aufgeht.
GB: Ja, das würde ich auch sagen. Dieses Umkippen wird ja auch beim autogenen Training beschrieben und manchmal sogar so formuliert, dass man dabei anfängt mit: ich atme. Wobei das Ich hier noch eine Rolle spielt, aber es kann sich dann umkehren zum „Es atmet mich“. Unser Mentalitätshintergrund verleitet uns, alles als Tun zu verstehen, auch das Atmen als Tun: „Ich atme“. Wenn man sich aber wirklich auf das Atmen einlässt, dann ist dieses „Es atmet“ eine beglückende Erfahrung, weil wir spüren, dass die eigene Natur uns trägt. Unser Subjektsein, unser Ich, kann seiner eigenen Natur eingedenk werden – auch dem, was uns trägt und wem wir uns verdanken.
Author:
Dr. Thomas Steininger
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