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Als soziale Unternehmer verbinden Jana Ganzmann und Alex Auer Firmen, Startups, Bildungsinstitutionen und gemeinnützige Organisationen, die sich für die soziale ökologische Transformation einsetzen. Dafür haben sie den Impact Hub Tirol gegründet, der diesen Wandel auch in ländliche Regionen trägt.
evolve: Ihr habt den Impact Hub Tirol in Innsbruck gegründet. Wie kam es dazu?
Jana Ganzmann: Wir haben vor über drei Jahren die Organisation Setup gegründet zum Thema Social Entrepreneurship, in dem wir auf Makro- und Mikroebene sehr viel Potenzial sahen, Wirtschaft zu verändern. In Tirol gab es damals noch keine Anlaufstelle zu diesem Thema. Diese Lücke wollten wir schließen mit dieser Organisation, aus der dann der Impact Hub Tirol entstanden ist.
e: Was hat euch bewegt, im Bereich Social Entrepreneurship aktiv zu werden?
Alex Auer: Mich hat schon lange das Thema Klimawandel beschäftigt, vor allem die technische Seite. Mich bewegte die Frage: Was müssen wir tun, um die Klimakrise zu bewältigen? Ich habe Umweltverfahrens- und Energietechnik studiert und bin relativ schnell zu der Erkenntnis gelangt, dass es technisch gar nicht so schwer wäre, die Gesellschaft CO2-neutral zu gestalten. In der Folge beschäftigte mich die Frage, ob eine wirtschaftliche Komponente uns daran hindert, wirksam zu reagieren. Aus diesem Grunde habe ich BWL und europäische Energiewirtschaft studiert und mich mit Wirtschaftsethik befasst. Mir wurde klar, dass das unternehmerische Tun der schnellste Hebel sein kann, um wirksam zu werden, und bin deshalb zu Setup gekommen.
¬ WIR WOLLEN DEN MENSCHEN ERMÖGLICHEN, IHRE EIGENEN IDEEN UMZUSETZEN. ¬
JG: Bei mir war es ein bisschen anders. Ich war in meiner Jugend viel auf Reisen und es hat mich sehr bewegt, wie ungerecht die Welt ist. Deshalb habe ich mich entschieden, im NGO-Bereich zu arbeiten, und habe Non-Profit- und Social Management studiert. Im Laufe des Studiums bin ich über ein Buch von Mohammad Yunus gestolpert und habe verstanden, wie schwierig es für etablierte NGOs ist, innovativ Neues zu bewegen. Bei Yunus bin ich auf das Konzept gestoßen, der Wirtschaft ein anderes Ziel zu geben, als nur Profit zu erwirtschaften. Nach einer Orientierungsphase bin ich schließlich bei der Gründung von Setup gelandet, und später kam dann Impact Hub Tirol.
e: Welche Intention hat der Impact Hub Tirol?
AA: Die Idee kam aus der Erkenntnis, dass es Allianzen braucht. Wir wollen Unternehmen, Startups, ProfessorInnen, Hochschulen, die an einem holistischen, nachhaltigen Ansatz in der Wirtschaft und Gesellschaft arbeiten, miteinander verbinden und ihnen vermitteln, dass sie nicht allein sind. In solch einem Netzwerk entsteht ganz viel positive Energie. Das entspricht unserer Theory of Change: Wir wollen diese Menschen zusammenbringen, sie stärken und inspirieren. Dazu führen wir klassische Startup-Programme durch, bieten Unternehmensberatung, organisieren Veranstaltungen und Netzwerk-Events.
JG: Der Impact Hub bildet einen Knotenpunkt. Wir sind nicht nur lokal verortet, denn für uns geht es darum, eine Community aufzubauen, die ortsunabhängig besteht. Wir dachten, wenn wir Wandel vorantreiben und eine Bewegung von Menschen starten wollen, die Dinge verändern wollen, dann müssen wir uns nicht auf einzelne physische Orte konzentrieren. Wir schaffen eine virtuelle Community, wobei die Menschen selbst wieder Knotenpunkte erzeugen. Natürlich braucht es auch physische Orte, wo Leute sich treffen und Synergien und gemeinsame Aktivitäten entstehen. Allerdings sind die physischen Hubs, die wir bieten, immer in Kooperation mit anderen Organisationen oder Einrichtungen. Wir sind Teil eines Kulturzentrums, in dem Veranstaltungen stattfinden, zu denen auch Leute kommen, die mit Social Business noch nicht so viel zu tun hatten. Wir organisieren hier offene Veranstaltungen, es gibt Co-working, Büro- und Seminarräume. So sind wir wie ein Sog für viele Menschen, die etwas verändern wollen. Hier in Tirol hat sich in den letzten drei Jahren sehr viel getan.
e: Gibt es ein Beispiel, das euch deutlich macht, dass eure Arbeit Wirkung zeigt?
JG: Wir führen spezifische Innovations-Programme durch, in deren Rahmen wir Projekte durch ihre Entwicklungsphasen hindurch begleiten. Wir haben z. B. gerade gemeinsam mit einem anderen Gründungszentrum ein Programm entwickelt, mit dessen Hilfe wir Impact Startups in der frühen Wachstumsphase darin unterstützen, ihre Wirkung zu vergrößern. Bei einem anderen Programm haben wir gemeinsam mit SOS-Kinderdorf die Initiative SKIL gegründet, eine Innovationsplattform für Kinder-, Jugend- und Familienthemen. Durch die Einbindung von österreichweiten Experten haben wir fünf konkrete Herausforderungen benannt, vor denen Kinder und Jugendliche aktuell stehen. Anschließend laden wir Einzelpersonen, Startups und Organisationen ein, Lösungen zu entwickeln, und begleiten diese mindestens bis zur Erstellung des ersten Prototyps.
AA: Wir sehen uns dabei immer als Ermöglicher. Das Programm mit dem SOS-Kinderdorf wurde von uns entwickelt und in Kooperation durchgeführt: Da stellen sich Fragen wie die nach der Finanzierung und den passenden Kooperationspartnern. Mit anderen Programmen betreten wir hier in Tirol Neuland. Viele Unternehmen haben sich noch gar nicht aktiv mit Nachhaltigkeit beschäftigt und fangen jetzt erst an. Für uns gibt es keine Schwelle, es geht immer um den nächsten Schritt. Bei manchen Unternehmen geht es darum, in einem Coaching herauszufinden, welches Potenzial für Nachhaltigkeit bereits besteht: Wo steht man aktuell? Wo will man in Zukunft hin? Welche sind die UN-Nachhaltigkeitsziele und mit welchen kann das Unternehmen etwas anfangen?
Dazu nutzen wir Innovations-Methoden wie Design-Thinking oder Ansätze des Business Development. So bilden wir eine Schnittfläche zwischen Nachhaltigkeit, Innovation und Partnerschaft. Wir bringen unser Wissen aus dem Social Business ein und die Unternehmen können diese Tools und Methoden dann weiterentwickeln.
e: Welche sind die wichtigsten Werte, die ihr vermitteln wollt?
JG: Einer unserer zentralen Werte ist Empowerment. Wir wollen den Menschen ermöglichen, ihre eigenen Ideen umzusetzen. Egal, ob man ein Unternehmen hat, in einem als Angestellter arbeitet, es neu gründet oder in anderen Institutionen arbeitet. Wir bieten die richtigen Ressourcen, die im spezifischen Fall nötig sind, das kann ein Raum sein oder ein Programm, das können MentorInnen für den Prozess oder InvestorInnen sein.
AA: Es ist vielleicht mehr als nur »ermöglichen«, wir wollen den Wandel auch »anstupsen«. Denn in der Geschwindigkeit des Wandels sehen wir die größte Dringlichkeit. Der soziale ökologische Wandel hat schon alle möglichen Formen angenommen, aber er ist noch nicht Mainstream und er geschieht nicht systematisch und in der Geschwindigkeit, die es braucht. Wir arbeiten also zwischen Anstoßen, Ermöglichen und Beschleunigen.
Wenn man Unternehmen klarmacht, dass es mehr Tempo und mehr Mut zur Veränderung braucht, dann muss man das natürlich auch selbst vorleben. Diese Frage stelle ich mir oft: Wie können wir selber vorleben, was wir der Gesamtgesellschaft abverlangen? Hier ist die Schnittfläche zwischen Mut und Stabilität, denn wir brauchen mutigen, aber auch stabilen Wandel. Wir können nicht von einem Chaos ins nächste schlittern, weder in der Arbeit mit anderen Unternehmen noch in unserer eigenen Organisation. Es ist eine Herausforderung zu wissen, wo man beschleunigen und wo man stabilisieren muss. Dabei hilft der Austausch mit anderen, die sich ebenfalls auf diesen Weg begeben – ein Handbuch gibt es schließlich noch nicht.
Author:
Mike Kauschke
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