Eine Reihe von vielversprechenden Projekten beschäftigt sich mit der Rolle der Meditation in der Zukunft der Bildung
Im Zeitalter des digitalen Wandels, in dem sich Anforderungen und Arbeitswelt rasend schnell verändern, wird auch das Bildungssystem mit neuen Herausforderungen konfrontiert: Welches Wissen und welche Fähigkeiten muss ein zukunftsfähiges Bildungssystem vermitteln, um starke und bewusste Persönlichkeiten hervorzubringen? Welchen Beitrag zur Bildung kann Meditation an Hochschulen, Universitäten und Schulen leisten? Mit Fragen wie diesen beschäftigte sich erstmalig der Kongress »Meditation und die Zukunft der Bildung«, zu dem die University of Applied Sciences Frankfurt am 19. Oktober einlud, bei dem namhafte Experten über Erfolge und Herausforderungen aktuell laufender Projekte und die Zukunft von Meditation im Bildungssystem diskutierten.
Im unternehmerischen und medizinischen Bereich gibt es bereits eine Vielzahl an erfolgreichen Achtsamkeits-Projekten, die auf wissenschaftlichen Erkenntnissen der Forschung fußen. Nun findet das Thema auch im Bildungssektor auf relevante Weise Beachtung. An Universitäten wie zum Beispiel der LMU München und der University of Applied Sciences sind Meditationskurse bereits Bestandteil des Studiums.
WELCHES WISSEN UND WELCHE FÄHIGKEITEN MUSS EIN ZUKUNFTSFÄHIGES BILDUNGSSYSTEM VERMITTELN?
»Wir kennen die Halbwertszeit des Wissens nicht mehr«, bemerkt Prof. Dr. Frank E. P. Dievernich, der Präsident der University of Applied Sciences Frankfurt, in seiner Keynote. Dies mache sowohl die Zusammenstellung der Lehrpläne als auch eine längerfristige Planung zu einer großen Herausforderung. Es reiche nicht, einfach nur auf die Digitalisierung zu reagieren, so Dievernich. Die Aufgabe der Hochschule sei es, Räume für Reflexion und Persönlichkeitsentwicklung zu schaffen. Das ist einer der Gründe, warum sich die Hochschule dafür entschieden hat, das Meditationsprojekt nun bereits im vierten Semester anzubieten, was mit großer Begeisterung angenommen wird.
Wer früher mit der Wahl des Studienfachs seine berufliche Laufbahn klar vor Augen hatte, steht nun vor der Frage, welche Berufsbilder sich in den nächsten Jahren entwickeln und verändern werden. Ein gut geschulter klarer Geist kann die Absolventen bestens auf die Anforderungen einer sich schnell wandelnden Zeit vorbereiten. Durch die Innenschau während der Meditation entwickelt sich neben Fähigkeiten wie Zentriertheit, Stressresistenz, Kreativität auch eine reflektierte und wertschätzende Interaktion mit der Außenwelt. Positive Entwicklungen bei seinen Studenten hat auch Prof. Dr. Andreas De Bruin festgestellt, der mit seinem Münchner Modell 2010 einer der ersten war, der Meditation als festen Bestandteil von Studiengängen an der Hochschule verankerte.
Wie aus einem Klassenzimmer voller lärmender, unkonzentrierter Schüler im Nu ein Raum der konzentrierten, klaren Stille wird, in dem man eine Stecknadel fallen hören könnte, das weiß Vera Kaltwasser nur zu gut. Kaltwasser ist Lehrerin und Achtsamkeits-Pionierin der ersten Stunde und bietet mit ihrem Projekt AISCHU seit Jahren deutschlandweit Achtsamkeitskurse an Schulen an. Neben dem Kursangebot für Kinder werden Lehrer in Achtsamkeitstrainings geschult, um eine Nachhaltigkeit der Achtsamkeitseinheiten auch in Zukunft zu gewährleisten. Mithilfe von speziell auf Kinder abgestimmten Achtsamkeitsübungen, mit denen beispielsweise auch der Unterricht beginnt, werden die Kinder langsam an das Thema herangeführt. Erfolge sind deutlich spürbar – die Kinder sind aufmerksamer, mitfühlender und bewusster. Dass diese Projekte erst der Anfang sind, darin sind sich die Referenten einig. Eine bundesweite Initiative ist bereits in Planung.
Was für eine erfolgreiche und nachhaltige Verankerung von Achtsamkeit in unserem Bildungssystem benötigt wird? Es bedarf Offenheit und Unterstützung auf politischer, ideeller und finanzieller Ebene, fest verankerte Angebote, geeignete Räume und erfahrene Achtsamkeitslehrer. So kann mit Meditation als fester Bestandteil des Lehrplans an Bildungsinstitutionen die Basis für eine achtsame, kooperative und wertschätzende Gesellschaft in Zeiten der digitalen Transformation geschaffen werden.