Challenge is good
With the Alter Ego network, Ronan Harrington and Richard Bartlett create a meeting place where pioneers and leaders experience transformative processes to work more effectively and joyfully for social change.
August 1, 2014
Der Versuch, neue fühlende Lebensformen zu kreieren (und die dramatischen Konsequenzen), ist das Motiv hinter den meisten Science-Fiction-Filmen, das so alt ist wie das Genre selbst. Denken wir an Fritz Langs 1927er Epos „Metropolis“. Allerdings zeichnet sich im populären Kino zunehmend ein neuer Vorstoß in diese Richtung ab. Wir sehen nicht mehr länger nur die fantastischen Vorstellungen einer möglichen Zukunft, sondern Ereignisse, die sehr bald Wirklichkeit werden könnten, und uns deshalb ein wenig mehr unter die Haut gehen. Denken wir an Joaquin Phoenix‘ Romanze mit dem Betriebssystem Samantha im Film „Her“. Oder an Johnny Depp, der in „Transzendenz“ sein Bewusstsein in einen Supercomputer hochlädt.
Angesichts dieses neuen cineastischen Interesses an künstlichen Lebensformen möchte ich mich einem fast vergessenen aber meines Erachtens unterschätzten Film von Steven Spielberg zuwenden: „A.I. – Künstliche Intelligenz“ aus dem Jahre 2001, den ich für eines von Spielbergs bedeutungsvollsten Werke halte. Während wir in Filmen wie „Her“ die Mühen bedauern, die wir durchleben, während unsere Technologie uns transzendiert, sind wir in „A.I.“ eingeladen, die Nöte eines neu entstehenden Bewusstseins in unserer Kultur zu fühlen. Einer der außergewöhnlichen filmischen Beiträge dieses visionären Films besteht darin, wie sehr er versucht, die Welt durch die Augen der Lebensformen zu sehen, die wir erschaffen werden. Durch den Film können wir versuchen, uns in die Intelligenz, die wir geschaffen haben, einzufühlen. Und das fordert uns dazu auf, über unsere ethische Verantwortung nachzudenken und tiefer über unser Menschsein zu reflektieren.
„A.I.“ spielt in der nahen Zukunft, in der sich Service-Androiden, genannt „Mecha“, ausbreiten, die menschliche Gedanken und Emotionen simulieren können. Das zentrale Thema der Geschichte von „A.I.“ ist ein Mecha namens David. Als ein fast perfektes Abbild eines schönen Jungen wurde David geschaffen, um Eltern, die selbst keine eigenen Kinder haben können, zu trösten. Doch David ist ein besonderer Mecha, weil er als erster so konzipiert wurde, dass er seinen Besitzer bedingungslos liebt. Aktiviert sein Besitzer ihn, so findet in David einmalig ein irreversibler Prozess statt, ähnlich wie bei einem neugeborenen Tier statt, das auf seine Mutter ausgerichtet bleibt. Das bedeutet aber, dass David, wenn sein Besitzer ihn zurückgibt, wieder auseinandergebaut wird, da er nicht neu programmiert werden kann, um jemand anderen zu lieben. In einem gewissen Sinne wurde so eine idealisierte Version von uns selbst geschaffen: ein Wesen, das absolut lieben kann, ohne jemals dieses Gefühl zu verlieren.
„A.I.“ kreiert eine eindrucksvolle Parabel über das spirituelle Leben eines Androiden.
Zweifellos ist Liebe viel mehr als die nie endende bedürftige Bindung aneinander, wie sie bei David programmiert ist. Das zentrale Problem entsteht, als Davids „Mutter“ ihn zurückgeben will, es aber emotional nicht ertragen kann, ihn zu seinem Hersteller zurück zu gegeben, der ihn dann zerstören würde. Auf dem Weg zur Fabrik setzt sie ihn in einem weitläufigen Wald aus, um ihn zu retten. David erkennt, dass er die Hauptaufgabe seiner Existenz, die darin besteht, seine Besitzerin zu lieben, nun nicht mehr erfüllen kann. David beginnt zu weinen und kommt verzweifelt zu dem Schluss, dass der Grund darin liegt, dass er „kein richtiger Junge“ ist. Er hat Recht. Sie kann ihn nicht lieben, auch wenn er sie unfehlbar lieben wird, bis er nicht mehr ist.
Während auf der einen Seite Davids „Liebe“ eine Ansammlung vorkonditionierter, in ihm installierter Regeln ist, führt ihn auf der anderen Seite diese Liebe zu seiner Besitzerin dazu, sich zwei Dinge zu wünschen, die er nie bekommen kann: Fleisch zu werden und die bedingungslose Liebe eines unvollkommenen Menschen zu gewinnen. Doch dies wird die treibende Kraft, die ihn auf eine zweitausend Jahre lange Suche und schließlich zur Entwicklung seines Bewusstseins führt. Paradoxerweise wird David zum atemberaubenden Höhepunkt des Films eine tiefere Menschlichkeit und wundersamere Liebe entdecken, als er sich je hätte vorstellen können. Durch die visuellen und emotionalen Metaphern, die nur durch die erzählerischen Freiheiten des Science-Fiction-Genre möglich sind, kreiert „A.I.“ eine eindrucksvolle Parabel über das spirituelle Leben eines Androiden. Er zwingt uns zu fragen, ob die wahre Natur dessen, was es bedeutet, Mensch zu sein, vielleicht gar nicht allein uns vorbehalten ist.