Die Kraft, den Himmel zu bewegen

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Interview
Published On:

January 31, 2019

Featuring:
Shirin Abedinirad
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Issue:
Ausgabe 21 / 2019:
|
January 2019
Die Zukunft der Religion
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Ein Interview mit Shirin Abedinirad

Diese Ausgabe von evolve konnten wir mit Abreiten der jungen iranischen Künstlerin Shirin Abedinirad gestalten. Wir sprachen mit ihr über die Beweggründe ihrer Kunst.

evolve: Wie bist du zur Kunst und deiner jetzigen Arbeit gekommen? Was hat dieses Interesse inspiriert?

Shirin Abedinirad: Es begann mit meinen Eltern, sie wollten, dass ich Künstlerin werde und brachten mich zu Malwettbewerben und ähnlichem. Aber ich wollte Elektroingenieurin werden. Meine Lehrer in der High School sprachen schließlich mit meinem Vater und waren auch der Ansicht, dass ich Kunst studieren sollte. So kam ich dazu, in der High School und zwei Jahre an der Universität Grafikdesign zu studieren. Aber damit war ich nicht glücklich und wandte mich dem Modedesign zu, aber auch damit war ich nicht zufrieden, weil ich mich durch diese Medien nicht wirklich ausdrücken konnte. Dann begann ich, zu verschiedenen Workshops zum Beispiel zu Video-Kunst und Performance-Kunst zu gehen. In einem dieser Workshops kam mir die Idee, mit Spiegeln in der Wüste zu arbeiten und ich begann mit Installationen und Land-Art.

Shirin Abedinirad

e: Und diese Erfahrung brachte dich dazu, dich mit deiner Kunst einer bestimmten Richtung zuzuwenden? Ich habe gesehen, dass du mit vielen unterschiedlichen Kunstformen wie Installationen, Videos, Performances gearbeitet hast.

SA: Diese Arbeit in der Wüste war erstmal nur ein einzelnes Projekt, ich spezialisierte mich damit nicht auf Land-Art, denn damals war ich mit Videokunst und Performances beschäftigt. In meiner Videokunst und in den Performances nutzte ich immer mein eigenes Abbild, meinen Körper, mich als Person. Vielleicht, weil ich damit in mir selbst Schönheit fand. Aber nachdem ich in die Wüste gegangen war, bemerkte ich die Schönheit der Natur und wie wenig ich bin angesichts dieser Größe. Ich bemerkte die Kraft der Natur. Danach benutzte ich selten mein Abbild in meinen Arbeiten und arbeite in meinen Installationen nicht oft mit Menschen. Mir ist es wichtiger, die Verbindung mit der Natur zu vermitteln, besonders in meinen Fotos. Die Menschen können meine Installationen sehen und ihre eigene Erfahrung damit machen. Aber mein erstes Publikum in den meisten Werken meiner Landschaftskunst ist die Natur.

e: Beim Betrachten deiner Installationen und Videos fiel mir auf, dass du oft mit Reflexionen des Himmels auf der Erde und der Reflexion von Himmel, Erde und Wasser arbeitest. Reflexionen können als Interaktion oder als Verbindung verstanden werden. Was interessiert dich besonders an der Arbeit mit Reflexionen?

SA: Zu allererst bedanke ich mich, dass du von Reflexion sprichst und nicht von Spiegeln. Denn das ist in meiner Kunst sehr wichtig. Normalerweise fragen die Leute: »Warum verwenden Sie Spiegel?« Dann sage ich: »Nein, ich verwende keine Spiegel, ich verwende Reflexionen.« Diese Reflexion kann ein Effekt für ein Video sein, das so etwas wie einen Spiegel eines Bildes herstellt. Die Reflexion kann durch ein Meer entstehen, einen See oder mittels eines Spiegels, Metalls oder Steins.

Für mich ist das Konzept mein Leben und wie ich es mit meiner Seele erfülle.

In meiner Arbeit möchte ich nicht irgendwelche Elemente zur Natur hinzufügen. Mit Spiegeln füge ich nichts zur Natur hinzu. Ich bearbeite nur das, was schon da ist. Ich sehe den Himmel, der eine Reflexion schafft. Ich habe nicht den Himmel geschaffen, er war bereits da. Aber ich bewege ihn dahin, wo ich ihn haben will. Eine meiner Arbeiten heißt »Turm von Babel«, darin experimentiere ich mit der Kraft, den Himmel und die Natur zu bewegen. In dieser Arbeit bewegen sich die Spiegel und geben mir die Kraft, die Welt zu bewegen. Die Welt hat eine Wirkung auf uns: Regen macht uns nass, Erdbeben bewegen uns. Aber mit den Reflexionen können wir auch eine einfache Bewegung hervorbringen – oder Berge bewegen, den Himmel bewegen und zum Erdboden bringen. Es ist sehr magisch, wenn wir diese Illusionen schaffen, weil wir die Regeln der Natur brechen. Wir haben uns an Spiegel und an unsere Spiegelbilder gewöhnt. Aber es sind keine einfachen Dinge – sie haben die Kraft, die Welt zu bewegen.

Eine längere Version des Interviews auf: www.evolve-magazin.de/blog/shirin

Author:
Mike Kauschke
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