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Gemeinsame Arbeit, Gemeinschaft und Engagement für eine bewusstere Gesellschaft bringen Menschen ins CoCreation.Loft in Berlin, einem etwas anderen Co-Working-Space. Wir sprachen mit Sebastian Baier, der seit dem Beginn vor fünf Jahren dabei ist.
evolve: Was ist das CoCreation.Loft und aus welcher Absicht ist es entstanden?
Sebastian Baier: Das CoCreation.Loft ist aus einer Kooperation zwischen Thomas Björkman und einigen kreativen Neudenkern aus Berlin, darunter auch Steffen Stäuber und Jan Stassen, entstanden. Die Grundidee war, einen co-kreativen Working Space zu schaffen, der ein bewusster Knotenpunkt für neue Denker, neue Perspektiven und eine bewusstere Gesellschaft sein soll. Um diese Idee versammelten sich weitere Kreative aus Berlin, die in Wirtschaft, Politik und Gesellschaft an der Gestaltung einer bewussteren Gesellschaft arbeiten. Überraschend wurde im Bekanntenkreis ein Loft in Neukölln frei und so wurde die Idee vor fünf Jahren schnell zur Realität.
Co-Kreation war von Beginn an das Narrativ der Nutzerschaft und der Gemeinschaft, die sich an diesem Ort aufgebaut hat. Deshalb gibt es neben dem gemeinsamen Arbeiten spezielle Abendveranstaltungen und Network Dinner, die mit dem Zweck kuratiert wurden, Menschen aus ganz unterschiedlichen Hintergründen zusammenzubringen. Die Basis der Loft-Community bildet die geteilte Überzeugung, dass man dem äußeren Wandel in der Welt nur mit innerer persönlicher Entwicklung positiv begegnen kann.
e: Wie unterstützt ihr diesen inneren Wandel?
SB: Wir sind zunächst eine Wertegemeinschaft, die einen ganz hohen Wert darauf legt, dass wir immer wieder als Menschen zusammenkommen. Es ist also nicht nur ein Ort, um gemeinsam zu arbeiten, sondern wir gestalten ganz bewusst Formate, durch die wir einander begegnen. Das sind General Meetings mit allen Mitgliedern oder Check-in Meetings, die in regelmäßigen Abständen von Mitgliedern begleitet werden, die auch als Facilitators tätig sind. In der Zeit, als ich mit Jan Stassen das Community Management gemacht habe, hatten wir jeden Dienstagabend einen Community Evening, an dem ein Meditationslehrer zu uns kam oder an dem wir zusammen Improtheater gespielt haben. Es gibt bis heute Dialogabende, bei denen Loft-Mitglieder ihre Aktivitäten vorstellen und wir zusammen als Gemeinschaft darüber nachdenken, wie wir sie unterstützen können. Angeboten werden auch Salon-Abende, an denen bis zu 20 Leute von außen dazukommen, mit Dinner, Musik, gemeinsamen Prozessen und Kleingruppenarbeit. Im Alltag gibt es kleine Rituale, zum Beispiel »three minutes at three«. Jeden Tag um drei wird kurz die Klangschale angeschlagen und wir treffen uns in der Mitte des Lofts, checken zusammen ein und sind drei Minuten in Stille.
e: Wie ist das Loft organisiert?
SB: Zur Entscheidungsfindung nutzen wir die Soziokratie. Das ist über die Jahre gewachsen und geschieht mittlerweile komplett selbstführend. Wir haben ein System eingeführt, in dem es drei Navigatoren gibt, die jedes halbe Jahr neu gewählt werden. Sie überblicken die Abläufe und sorgen dafür, dass das System funktioniert. Zudem gibt es Special Teams, die sich um verschiedene Aspekte des Lofts kümmern, wie den Raum, die Finanzen, die interne Kommunikation, die Neuaufnahme von Mitgliedern. Die Navigatoren behalten im Auge, ob wir genügend Mitglieder haben, denn wir sind ein gemeinnütziger Verein. Das Loft macht also keinen Gewinn, sondern durch die Mitglieder und andere Einkünfte wird die Miete finanziert.
¬ ES WAR DANN EINE BEWUSSTE ENTSCHEIDUNG, DER GEMEINSCHAFT MEHR EIGENE GESTALTUNGSFREIHEIT ZU GEBEN. ¬
Um neue Mitglieder gut willkommen zu heißen, haben wir ein spezielles System installiert und versuchen, den Prozess sehr bewusst zu gestalten. Wenn du dich bei uns bewirbst, würdest du zunächst einen Fragebogen ausfüllen, der über deine Werte, deine Tätigkeit, deine Ausrichtung Auskunft gibt. Dann würdest du dich mit drei Loft-Mitgliedern zum Kaffee treffen, die mit dir darüber reden, was deine Ziele sind und was innere Arbeit für dich bedeutet. Von allen Seiten muss es ein ganz klares Ja geben. Denn wir wollen sicher gehen, dass die Werte der Gemeinschaft und die gemeinsame Ausrichtung erhalten bleiben.
Wir haben zwar Regeln des Miteinanders, aber wir lassen trotzdem jeden so sein, wie er oder sie ist. Es gab Zeiten mit hoher Fluktuation, da muss man loslassen lernen. Du darfst nicht zu sehr an der aktuellen Gemeinschaft haften. Bei so einem Wechsel war es manchmal nicht einfach, eine Wertegemeinschaft zu erhalten. Aber das kann man nicht durch Druck und Regeln einfordern, sondern nur, indem man Verbindlichkeit und Herzenergie vorlebt. So eine freie Gemeinschaft funktioniert nur durch intrinsische Motivation.
e: Wie ist es euch gelungen, mehr Eigeninitiative zu unterstützen?
SB: Wenn man das Loft wie ein Kind sieht, dann bestand der Prozess darin, dass es langsam laufen lernte. Jan Stassen und ich haben das Loft in der ersten Phase gemanagt. Wir haben die Mitglieder aus-gesucht, den Putzdienst bestellt, die Abende kuratiert, die Reparaturen gemacht und so weiter. Die anderen waren einfach Mitglieder und blieben ein bisschen in der Denkweise stecken: »Naja, hier wird alles für uns gemacht.« Es war dann eine bewusste Entscheidung, der Gemeinschaft mehr eigene Gestaltungsfreiheit zu geben. Es ist schön zu sehen, mit wie viel Verbindlichkeit und Hingabe das Loft immer mehr von allen gemanagt wird. Die Mitglieder, wie zum Beispiel die Navigatoren, investieren mehrere Stunden pro Woche in ihre Aufgabe im Loft. Es gibt viele neue Impulse. So hatten einige die Idee, die Community an einer Wand darzustellen, damit Leute, die reinkommen, Kooperationspartner finden können. Es gibt auch viel Raum für eigene Projektideen. Ich habe zum Beispiel dieses Jahr ein Ukraine-Projekt gemacht, wo wir Geflüchtete für einen Tag eingeladen haben, um gemeinsam zu kochen und zu essen. Wir haben unsere ganzen Coaches zusammengetrommelt, um herauszufinden, wie wir die Ukrainer unterstützen können bei der Suche nach einer Wohnung, nach Arbeit oder einer Kita. Wir haben eine WhatsApp-Gruppe aufgesetzt und konnten teilweise helfen und ihnen einfach nur das Gefühl geben, hier willkommen zu sein. Kurz vor Weihnachten gab es ein Dinner zur Unterstützung der Frauen im Iran. Ein Mitglied hat den Vorschlag im Decision Channel in Slack vorgestellt und da es keine Einwände gab, bekam er das Mandat und konnte es machen. Weil das System gut läuft, haben wir die Freiheit, solch wichtige und schöne Dinge zu machen. Gleichzeitig folgt es unserem Anspruch, zu einer bewussteren Gesellschaft beizutragen.
Author:
Mike Kauschke
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