Transhuman

Our Emotional Participation in the World
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Interview
Published On:

August 1, 2014

Featuring:
Natasha Vita-More
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Issue:
Ausgabe 03 / 2014
|
August 2014
Maschinen meditieren nicht
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Was kommt nach dem Menschen?

Von der Kunst zum Design, so beschreibt Natasha Vita-More ihren Weg zum Transhumanismus. Als eine der führenden Stimmen der Bewegung arbeitet sie vor allem an einem künstlichen Körper, durch den wir in nicht allzu ferner Zukunft unsere biologischen Grenzen überwinden sollen.

evolve: Was ist Transhumanismus?

Natasha Vita-More: Transhumanismus ist eine Weltanschauung, eine Bewegung und zunehmend ein Fokus der Forschung. Er beruht auf der Annahme, dass der Mensch durch Innovation, Wissenschaft, Technik und Problemlösungsfertigkeiten wie strategische Planung, Prognosen oder Systemdenken dazu beitragen kann, die Zukunft zu steuern. Der Transhumanismus beschäftigt sich intensiv mit der Optimierung des Menschen und mit radikaler Lebensverlängerung.

e: Wie wurde Ihr Interesse am Transhumanismus geweckt?

NVM: Ich war Künstlerin in der Filmbranche und arbeitete gerade in Japan an einem Projekt. Eines Abends brach ich in einem Restaurant zusammen und wurde ins Krankenhaus gebracht. Dort wurde eine lebensbedrohliche Bauchhöhlenschwangerschaft festgestellt. Ich wurde ins Krankenhaus gebracht, zum Glück half mit im Krankenwagen eine Krankenschwester mit äußerst berührender Fürsorge.
Die Erfahrung, dass ich nicht bemerkt hatte, dass ein neues Leben in mir heranwuchs, und das Erleben der Zerbrechlichkeit und Verwundbarkeit meines Körpers setzte ein tiefes Nachdenken in Gang. Nach einiger Zeit begann ich mich für Naturwissenschaft und Technik zu interessieren, um Wege für uns Menschen zu finden, von unserer biologischen Zerbrechlichkeit unabhängiger zu werden. Ich wandte mich von der Kunst ab und beschäftigte mich eingehend mit Nanotechnologie, Künstlicher Intelligenz und Robotik. Das führte zu meiner Arbeit am „Designkörper“, dem ersten Entwurf eines semibiologischen, alternativen, prothetischen Körper, der sich selbst erneuert und auf den wir unsere Identität, unser Gedächtnis übertragen können, indem wir unser Gehirn hochladen. Ich habe ihn „Primo Posthuman“ genannt. Er wird sich in der weiteren Entwicklung auch mit anderen Systemen wie dem Internet oder mit virtuellen Realitäten vernetzen können und uns auch ermöglichen, im Weltraum zu leben, wenn wir entsprechende Lebensräume geschaffen haben.

e: Das ist eine bewegende Geschichte und ein bemerkenswertes Unterfangen, eine Ganzkörperprothese zu schaffen. Manch einer würde wohl sagen: Gerade die Art von Zuwendung, die Sie etwa in diesem Krankenwagen erfahren haben, die menschliche Fürsorge im Angesicht unserer Verletzlichkeit und Zerbrechlichkeit, bildet in Wahrheit den Kern des Menschseins. Setzen wir das nicht aufs Spiel, wenn wir in Richtung „Transhumanität“ gehen?

NVM: Das glaube ich nicht. In der Vergangenheit haben wir gesehen, was Menschen einander an Furchtbarem antun können, etwa durch die Sklaverei oder im Holocaust. Deshalb glaube ich, dass es wichtig ist, dass wir menschlicher werden, mehr Mitgefühl, Empathie und Güte entwickeln. Und nicht nur gegenüber anderen Menschen, sondern auch den Tieren, der Natur, allen Lebensformen. Die Technik kann uns bei dieser Entwicklung unterstützen. Intelligente Geräte können uns helfen, den eigenen emotionalen und körperlichen Zustand zu kontrollieren, sodass wir uns unserer psychischen Situation bewusster werden und nicht aus einer negativen Haltung heraus agieren. Durch die Technik können wir uns weltweit besser verbinden, sodass wir mehr über unsere Umwelt und unsere globalen Beziehungen lernen und anderen Menschen besser helfen können.

Wir können den Fortschritt nicht aufhalten, aber wir können ihn steuern.

e: Mithilfe der Technik können wir der Ungerechtigkeit überall auf der Welt besser begegnen. Und doch gibt es Befürchtungen, dass transhumane Optimierung zu größerer Ungleichheit führen wird, weil die Reichen sich optimieren können und die große Mehrheit nicht.

NVM: Es gibt Möglichkeiten, Technik zu teilen, und wirtschaftlich betrachtet, fallen die Preise oft sehr schnell, wenn ein neues Produkt auf dem Markt ist. Entscheidend für die Vision des Transhumanismus ist der Gedanke des Überflusses, dass genug für alle da ist, weil es neue Wege geben wird, Lebensmittel herzustellen und Energie zu produzieren. Durch molekulare Fertigungstechniken werden wir die Ressourcen weit effektiver recyceln können, denn wir können Gegenstände bis auf die Molekülebene hinunter auseinandernehmen und so einen Gegenstand in einen anderen verwandeln.

e: Glauben Sie, dass die Menschen sozialen oder wirtschaftlichen Druck spüren werden, sich zu optimieren?

NVM: Eines der ethischen Prinzipien des Transhumanismus ist die morphologische Freiheit. Das bedeutet, wenn Sie sich optimieren möchten, haben Sie das Recht dazu. Wenn Sie sich aber nicht optimieren möchten, kann man Sie nicht dazu zwingen. Trotzdem, die Menschen wollen bei neuen Trends mithalten und das könnte einen sozialen Druck erzeugen. Es ist wesentlich, dass wir sowohl die Vorzüge als auch die Gefahren der Optimierung verstehen. Ich bin der Meinung, dass die Transhumanisten auf diesem Gebiet eine große Hilfe sein können, denn die meisten von ihnen sind verantwortungsvolle Forscher. Dabei dürfen wir nicht vergessen, dass zu den Ergebnissen der Optimierung auch schnellere globale Kommunikation und effektivere Verkehrsverbindungen sowie der Schutz vor Identitätsdiebstahl und unerwünschter Überwachung zählen.

e: Als Transhumanistin sagen Sie, unser Drang, die menschlichen Lebensumstände immer weiter zu optimieren und schließlich zu transzendieren, sei der Kern unseres Menschseins. Aber all das Schreckliche, was Sie erwähnt haben, die Grausamkeiten, der Machtmissbrauch, gehört auch zum Menschsein. Das Bild von unserem Wesen als Menschen ist komplex. Wie können wir angesichts dieser Komplexität die Macht der Technik beherrschen?

NVM: Wir müssen uns klar machen, dass wir in einem äußerst komplexen System leben, mit ständigen Höhen und Tiefen, Extropie und Entropie, Aufbau und Zerstörung. Das gehört zur Entwicklung und wir sehen es überall im Universum. Es gibt also immer das Positive und das Negative. Unsere Aufgabe ist es, das Positive zu unterstützen, zu nähren und zu erschaffen. Die neuen Technologien haben zweifelsohne ihre Schattenseiten, aber es sind auch enorm positive Seiten zu erwarten. Die positiven Wirkungen, die uns erwarten, werden so großartig sein, dass es geradezu unsere Vorstellungskraft sprengt. Wir können den Fortschritt nicht aufhalten, aber ich glaube, dass wir uns so weit entwickeln, wachsen und uns anpassen, dass wir ihn steuern können.

e: Glauben Sie, wir haben die Weisheit, ihn gut zu steuern?

NVM: Ja, das glaube ich. Es läuft darauf hinaus, das Richtige zu tun. Solange wir die Vor- und Nachteile sorgfältig abwägen, wird sich das Positive auf unsere Weisheit auswirken und wir werden das Richtige tun können. Dazu ist individuelle und kollektive Innenschau unerlässlich, ebenso wie eine Bewusstheit dafür, worauf wir unsere Aufmerksamkeit richten. Aber das wichtigste wird sein, unserem Drang, zu lernen und uns zu entwickeln, zu folgen, um bessere Menschen zu werden und an der Erschaffung des Lebens mitzuwirken. Gleichwohl weiß ich nicht, was das Ergebnis sein wird. Wir müssen einfach immer weiter gehen.

Author:
Dr. Elizabeth Debold
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