Defending the Sacred – in Portugal

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Artikel
Publiziert am:

October 19, 2017

Mit:
Dieter Duhm
John Quigley
Sabine Lichtenfels
Kategorien von Anfragen:
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AUSGABE:
Issue 16 / 2017:
|
October 2017
Lichtblicke für eine verwundete Welt
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Es gibt Menschen, für die ist der Strand von Odeceixe der schönste der Welt. Die Natur hat hier, an der Vizentinischen Küste Südportugals, eine Perle geschaffen. Zwischen den Distrikten Alentejo und Algarve, dort, wo der Fluss Seixe in Mäandern in den Atlantik mündet, erstreckt sich eine Sandbank. Im August ist sie voller Touristen. An diesem Samstag, dem 12. August 2017, haben sie die Gelegenheit, Teil von etwas Größerem zu sein, einer politischen Kunstaktion und eines lebendigen, sichtbaren Gebetes, das die Küste vor der geplanten Ölbohrung schützen soll.

Ein Teil des Strandes ist seit dem frühen Morgen mit Markierband abgetrennt, Menschen schreiten durch den Sand, legen mit Steinen eine Form aus, die zu groß ist, um sie aus Augenhöhe zu erkennen. Am späten Nachmittag winden sich fünf Busse durch die Gassen in Richtung Strand. Wenig später gehen Menschen zur Sandbank, die ganz offensichtlich keine normalen Urlauber sind: Aktivisten und Künstler, Schamanen, Indigene aus Nord- und Südamerika, aus Afrika und Indien, Palästinenser und Israelis Arm in Arm, einige tragen Musikinstrumente.

Wer sich am schnell errichteten Infozelt erkundigt, erfährt: Die über 200 Menschen aus 35 Ländern nehmen derzeit im nahe gelegenen Friedensforschungszentrum­Tamera am Treffen »DefendtheSacred« teil. Das Motto »Das Heilige verteidigen« entstand im letzten Jahr in der Indianerreservation Standing Rock in Nord-Dakota, USA. Dort stemmten sich Sioux und andere Stämme sowie an die 20.000 Unterstützer aus aller Welt gegen den Bau einer geplanten Pipeline, die Grabstätten zu zerstören und etwas noch Heiligeres zu vernichten droht: die Trinkwasservorräte, die Grundlage des Lebens. Die Aktivisten sahen sich nicht als »Protestors«, sondern als »Protectors«, ihre strikt gewaltfreie Haltung berührte Menschen weltweit, ihr Slo­gan »MniWiconi – Wasser ist Leben« wurde viele tausend Mal zitiert. Die Aktionen und Gebete des indigenen Protestes initiierten eine weltweite Bewegung. Eine Bewegung von Menschen, die das Heiligste verteidigen – das Leben – und nach Alternativen zum gegenwärtigen System der Zerstörung suchen. Nachahmer fanden sich in vielen Ländern, darunter Kolumbien, Brasilien, Israel-Palästina. Und jetzt auch in Portugal, in Tamera.

Die Aktionen und Gebete des indigenen Protestes initiierten eine weltweite Bewegung.

Tamera, ein wenig mehr als eine Stunde von Odeceixe entfernt, ist ein internationales Friedensforschungszentrum mit fast 200 Mitarbeitern aus vielen Ländern und in allen Altersstufen, ein werdendes »Heilungsbiotop«. Die Gemeinschaft wurde 1978 in Deutschland gegründet und zog 1995 nach Portugal. Die Vision der Gründer – des ­Soziologen und Psychoanalytikers Dr. Dieter Duhm und der Theologin Sabine Lichtenfels – war es, ein umfassendes Modell für eine Friedenskultur aufzubauen.

Zehn Tage lang umkreisen die Aktivisten bei aller Verschiedenheit eine gemeinsame Vision. In Ritualen, mit Musik und Tiefenaustausch arbeiten sie an der seelischen und menschlichen Grundlage einer gemeinsamen Bewegung. Aber welches Ziel, welcher Plan könnte Friedensgemeinden aus Kolumbien, Initiativen aus Slums in Kenia und Brasilien, Wasser-Aktivisten aus Bolivien, Umweltschützer aus Polen, Initiatoren von Friedenscamps aus Israel-Palästina, Experten aus dem Silicon Valley, Intellektuelle, Künstler sowie Indigene verschiedener Kulturen miteinander verbinden? Es entsteht der Wunsch, eine starke Manifestation für das Leben zu setzen, eine weithin sichtbare Willenserklärung, die im gesellschaftlichen Mainstream verständlich ist. Der israelische Aktivist Gabriel Meyer-Halevy findet dafür diese Worte: »Wir brauchen eine ökologische und gemeinschaftliche Vision, in der auch die Kernfragen des Menschen über Religion und Liebe einen Platz haben.«

Zurück nach Odeceixe. Die eigentliche Aktion startet um halb sieben. John ­Quigley, ein weltweit agierender Umweltaktivist und Künstler, hat ein Bild auf dem Strand vorbereitet, das wir mit unseren Körpern ausfüllen werden. Mit Drohnen soll es aus der Luft gefilmt werden und dann durch Internet und Presse weit verteilt werden – eine Manifestation unserer gemeinsamen Absicht, unseres Neins zur Ölbohrung und allen anderen Formen globalisierter Zerstörung der Natur und unseres Jas zur Zukunft: »Nãoaofuro – simaofuturo – Defendthesacred.« Und in der Mitte ein gigantischer Delfin.

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