Tod mit Wiedergeburt
Das Schumacher College wird »ausgewildert«
July 14, 2015
Bei der Gestaltung dieser Ausgabe von evolve haben wir die Werke von Alfred Bast in einen Dialog mit unseren Texten gebracht. Im Interview reflektiert er über seine Kunst und unsere Zusammenarbeit.
evolve: Welche Intentionen verfolgen Sie in Ihrer Kunst?
Alfred Bast: Eine Thematik, die mich schon als Student bewegt hat, ist die Dualität. Unsere ganze Existenz basiert auf Dualität, die gegensätzlich arbeitet. Die unterschiedlichen Kräfte – hell/dunkel, ja/nein, männlich/weiblich – können wir aber auch schöpferisch verbinden und daraus entsteht ein kreatives Feld, ein neuer Raum, in dem sich diese Gegensätze in eine Polarität hinein erlösen. Das ist ein ständiges grandioses Geschehen, das sich dann im künstlerischen Gestalten manifestieren kann.
Ich bin schon früh, im Rahmen eines Stipendiums, nach Auroville in Südinden gekommen und bin seitdem immer wieder dort gewesen. Dabei bewegte mich die Frage, wie wir die Dualität in eine lebendige Polarität, in schöpferische Energie verwandeln können. Schöpferische Energie bedeutet, dass sich die Gegensätze ergänzen, statt sich verfeindet zu blockieren oder zu dominieren. Kunst und Malerei sind für mich eine Form der Erkenntnis, der Wissenserkundung, auch der Weisheit.
Das schöpferische Handeln, das die Gegensätze in ein integrierendes Drittes zu steigern weiß, ist ein Instrument, um ein hochkomplexes Ganzes zu erahnen und sich davon ergreifen zu lassen.
¬ KUNST UND MALEREI SIND FÜR MICH EINE FORM DER ERKENNTNIS, DER WISSENSERKUNDUNG, AUCH DER WEISHEIT. ¬
Es geht dabei nicht in erster Linie darum, mich selber auszudrücken, sondern mich wie einen fremden Kontinent zu erkunden, und wenn möglich, Landeplätze für höhere Intelligenz zu schaffen. Wobei ich nicht von Problemen ausgehe, die zu lösen sind, sondern von Lösungen, die ich noch nicht kenne. Die Subjektivität wird in diesem Prozess transparent für den objektiven Grund und die kollektiven Kräfte, die in uns wirken.
Wenn in einem Werk etwas davon zum Ausdruck kommt, dann kann es einen anderen Menschen in dessen Innersten erreichen. Kunst ist die Sprache, in der sich durch transparente Subjektivität universelle Gesetzmäßigkeiten ausdrücken können.
Der nötige Mut zur Demut, oder besser: Die intelligente Hingabe an die immanente Weisheit und das Erspüren der Geistes-Gegenwart in jedem Augenblick, machen das Wahrnehmen und Gestalten zu einem evolutionären Abenteuer.
e: Wo sehen Sie Schnittpunkte zur thematischen Ausrichtung von evolve?
AB: Interessant finde ich die Themen und das breite Spektrum von Beiträgen in evolve. Dabei spüre ich auf einer stabilen Basis eine Offenheit für unterschiedlichste Impulse, die daran interessiert sind, einer neuen Form von Intelligenz, Existenz und Kreativität ein Forum zu geben. Mir erscheint evolve deshalb auch wie ein Forschungsprojekt einer utopischen Möglichkeit, die sich im Magazin auch schon manifestiert. Und hier ist für mich die Verbindung zur Kunst, denn auch hier geht es um das Manifestieren, denn wenn es nicht in die Manifestation kommt, ist es nicht da und kann nicht wirken.
Deshalb war es für mich spannend, meine Arbeiten in einen Dialog mit diesen Inhalten zu bringen. Das waren für mich auch ein großer Schritt und ein eigener schöpferischer Prozess. Denn wenn Originalbilder reproduziert werden, werden sie übertragen in den digitalen Bereich. Dieser enthält die Möglichkeiten, die Bilder zu variieren und durch Vergrößern und durch Ausschnitte bestimmte Qualitäten in den Fokus zu rücken und ein kreatives und spannendes Zusammenspiel zwischen Bild und Text zu eröffnen. Das ist ein für mich erstmaliges ko-kreatives Experiment mit Renata Keller, der Gestalterin von evolve. Und ich bin gespannt, wie es wirkt.