Sichtbar gemachte Energie
Diese Ausgabe von evolve konnten wir mit Arbeiten von Eva Dahn-Rubin gestalten. Wir sprachen mit ihr über die Beweggründe ihrer Kunst.
January 23, 2023
Indigenes Wissen ist für viele Menschen zu einer Inspirationsquelle geworden, aber wie geht es den Heilerinnen und Ältesten dieser Traditionen? Kelly Jennings und François Demange, die seit vielen Jahren in schamanischen Traditionen lernen und lehren, wollen sie mit einer neuen Stiftung unterstützen.
evolve: Was ist euer Anliegen mit der Sacred Ways Foundation?
Kelly Jennings: Die Sacred Ways Foundation ist eine gemeinnützige Organisation, die sich der finanziellen Unterstützung von Familien indigener Heiler verschrieben hat. Wir sehen dies als einen Multimillionen-Dollar-Fonds, der indigene Heiltraditionen auf der ganzen Welt fördert. In den letzten 20 Jahren haben François und ich uns verpflichtet, verschiedenen Familien von Heilern, mit denen wir zusammenarbeiten, direkte Geldmittel zukommen zu lassen, wobei wir unser Privileg als Weiße in einem westlichen kulturellen Kontext nutzen. Wann immer wir eine Zeremonie durchführen, leiten wir einen Teil unserer Einnahmen direkt an die indigenen Heilerfamilien zurück.
Dies beruht auf einem der heiligen Werte: Wechselseitigkeit. Wechselseitigkeit bedeutet, den Geistern zu danken, Nahrung für die Geister bereitzustellen und sicherzustellen, dass die Verbundenheit zwischen uns immer anerkannt wird. Wir nehmen uns die Zeit, die Traditionen und die indigene Lebensweise anzuerkennen, die unsere Praxis geprägt haben, indem wir Zeit mit diesen Gemeinschaften verbringen und von ihnen ihre spirituellen Lehren lernen.
François Demange: Ja, viele der indigenen Ältesten, die über ein tiefes Wissen und Verbindung zur Natur und ein großes Geschick beim Umgang mit Psychedelika verfügen, die für die westliche Welt und die Medizin sehr nützlich sein könnten, werden außen vor gelassen, und ihre Lebensbedingungen sind oft sehr prekär. Wir müssen ein universelles Grundeinkommen schaffen, um sie zu unterstützen, um ihnen eine Erleichterung ihrer Lebensbedingungen zu verschaffen, um das zu würdigen, was sie für das Wohlergehen anderer auf sich nehmen. Die Stiftung möchte diese Menschen unterstützen, damit sie ihr Wissen auch an die nächste Generation weitergeben können. Ich denke, dass wir als Menschen aus dem Westen die Verpflichtung haben, ein Umfeld zu schaffen, das die nächste Generation unterstützt, damit auch sie das Erlernte übernehmen kann, egal ob es sich um indigene oder westlich geprägte Menschen handelt, wie in meinem Fall.
KJ: Ein weiterer Aspekt der Arbeit der Non-Profit-Organisation besteht darin, die traditionellen indigenen Lehren in den Kontext einer universellen Kommunikation einzubinden. Sacred Ways ist mit der Bildungsplattform Metsa Series verbunden, auf der verschiedene Aspekte und Überlieferungen erklärt und in den westlichen Kontext eingefügt werden, damit die Menschen Zugang zu diesen Lehren haben und sich selbst weiterbilden können.
e: Psychedelische Erfahrungen sind im Moment auch eine Art Hype. Wie siehst du diese Zunahme des Interesses?
FD: Heute erlebt die psychedelische Renaissance in den USA und Westeuropa eine wahre Explosion. Wir entdecken wieder, dass bestimmte Substanzen unser Gehirn verändern und helfen können, Posttraumatische Belastungsstörungen, Depressionen, Gefühle des Getrenntseins und Sucht zu überwinden. Wissenschaftler investieren eine Menge Geld in die Erforschung alternativer Therapien. Aber es gibt keine Anerkennung für die indigenen Völker, die eine Tradition bewahrt haben, in der Psychedelika eine große Rolle spielen, und für die Weisheit, die sie seit vielen Generationen weitergegeben haben. Aus dieser Beobachtung heraus und auch weil ich gesehen habe, dass es in der psychedelischen Renaissance eine Menge spirituelles Ego gibt, hielt ich es für wichtig, eine Organisation zu gründen, die dabei helfen wird, Spenden zu sammeln, um indigene Älteste und Medizinmänner, Heilerinnen, Praktizierende und Schamanen zu unterstützen.
e: Wie können wir auf respektvolle Weise mit indigener Weisheit umgehen?
KJ: Ich denke, es ist in gewisser Weise gut, dass unsere Kultur mehr und mehr Interesse an den indigenen Traditionen hat. Manchmal neigen wir dazu, sie zu idealisieren, sie uns anzueignen und zu kommerzialisieren. Es ist also sehr wichtig, den Ursprung zu respektieren. Wir respektieren diese Traditionen und erkennen an, dass sie uns helfen neu zu entdecken, wie wir uns mit dem Kosmos verbinden können.
FD: Als Europäer, der in beiden Welten gearbeitet hat, glaube ich auch, dass die westliche Kultur und ihr großes Ausmaß an Individualisierung die indigenen Völker etwas lehren kann. Es muss eine Verflechtung stattfinden, eine transkulturelle integrierte Entdeckung, bei der auch das Althergebrachte in diese große Individualisierung hineingestellt und transformiert wird, um uns alle gemeinsam zum Handeln zu bewegen, um unseren Planeten zu heilen.
e: Was könnten die indigenen Völker von uns lernen?
FD: Die Herkunftskulturen sind sehr stark in ihrem Glaubenssystem verwurzelt. Wir als moderne Menschen haben diese Wurzeln nicht, wir haben die Fähigkeit, uns zu bewegen. Für mich zum Beispiel, als jemand, der zunächst bei den Shipibo gelernt hat, und dann bei den Lakota und den Navajo – und ich werfe nicht alles in einen Topf und mache eine große Suppe daraus, ich respektiere jede Tradition in dem Kontext, aus dem sie stammt – war es einfacher, von einer zur anderen Tradition zu wechseln. Für indigene Völker ist das schwieriger, weil ihre Glaubenssysteme diese Freiheit einschränken können. Hier können wir ihnen vielleicht helfen, sich weiterzuentwickeln, denn es geht darum, die indigene Weisheit und die modernen Errungenschaften zusammenzubringen. Alles hat einen Wert, und alles kann in ein größeres Gefüge von Zusammenhängen eingefügt werden.