Eine Liebesgeschichte

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Buch/Filmbesprechung
Publiziert am:

July 21, 2016

Mit:
Amir Nasr
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AUSGABE:
Ausgabe 11 / 2016:
|
July 2016
Lebendigkeit
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In »Mein Isl@m« schildert Amir Ahmad Nasr seine wechselvolle Beziehung zum Islam.

Amir Nasr ist mit seinen 30 Jahren ein mutiger Sozial-­Aktivist und aufrechterWahrheitssucher. Seine persönliche Geschichte als Third-Culture-Kid und seininnerer Kampf um die Versöhnung von Aufklärung und spiritueller Tiefe sindzugleich ein Stück authentischer Zeitgeschichte, die nicht nur informiert,sondern tief berührt. Es ist eine Geschichte von Aufwachsen und Aufwachen aufder Suche nach dem goldenen Faden des eigenen Lebenssinns, eine packende Storyvom Engagement für Freiheit, Gerechtigkeit und Menschenwürde und der Hingabe andas Große Geheimnis des Lebens selbst.

Geborenals afro-arabischer Muslim im Norden des Sudans zieht Amir früh mit seiner toleranten muslimischen Familie zunächst ins traditionell orientierte Katar,später ins moderne Malaysia. Amir ist ein gläubiges Kind mit frühen Erfahrungenreligiöser Hingabe. Und er hat von Anfang an viele Fragen an sich selbst, anandere und an die Welt. Diese fragende Haltung und die Hingabe an das Göttlicheziehen sich als Muster durch seine Liebes- und Leidensgeschichte mit dem Islam.Mit zehn Jahren lehren ihn fundamentalistische Prediger, dass eigenes Fragenund Denken nicht gefragt sind, sondern allein blinder Glaube an einenislamistischen Jihad zählt. Drohungen mit der Hölle und vor grausamen Strafen schüren Angst und Misstrauen in der jungen Seele und entfremden von den eigenenWahrnehmungen. Der Familienumzug ins multikulturelle Kuala Lumpur erweitertAmirs Perspektiven, der Mut zum eigenen Denken erwacht neu und bei einer Recherche im Internet taucht er in die Blogger-Sphäre ein: Im virtuellen Wunderland lernt er Menschenrechte, kontroverse Diskussionen um eine arabische Revolution, Frauenrechte, Religionsfreiheit und Freiheit von der Religionkennen. 2006 findet er als The Sudanese Thinker unter dem Pseudonym Drima seine eigene öffentliche Stimme.

Amir Nasr hat von Anfang an viele Fragen an sich selbst, an andere und an die Welt.

Als Aktivistin für Kinderrechte und Demokratie finde ich die Beschreibung über seine Entdeckung der universellen Erklärung der Menschenrechte und derBedeutung eines säkularen Staates als Bedingung der Verbindung von Freiheit und Religion sehr bewegend. Seine Konsequenz im aufgeklärten Denken, dieBereitschaft, alle Glaubenssätze infrage zu stellen, führt zu einer ­»Affäre«mit dem Atheismus. Seine romantische kindliche Liebe zum Islam wird stückweisedekonstruiert und endet in Scheidung und Einsamkeit. Doch die geistigeBefreiung ist nur der Anfang: Auch die Vernunft hat ihre Grenzen und kann nichtdie »ganze Wahrheit über die Wirklichkeit« offenbaren. 2009 kommt Amir mit Ken Wilbers integraler Philosophie und einer evolutionären Spiritualität in Kontaktund wieder öffnet sich eine neue Welt. Vernunft und Spiritualität sind kein Gegensatz, sondern haben in einem großen Bild der Wirklichkeit Platz. Ich kannmich gut an meine eigene Erleichterung erinnern, als mir durch die integrale Philosophie die Versöhnung meines leidenschaftlichen aufklärerischen Impulsesmit der Hingabe an eine tiefere Wirklichkeit offenbart wurde. Endlich eineBrücke zwischen Wissen und Weisheit!

Mitder integralen Versöhnung des Besten aus Tradition, Moderne und Postmodernefällt Amir eine Last vom Herzen. Seine rationale Sperre, sich ganz demMysterium des Lebens hinzugeben, schmilzt, er entdeckt einen spirituellenErfahrungsweg in allen mystischen Traditionen der Welt und fühlt sich besonderszum islamischen Weg der Sufis hingezogen. »Ich habe den Islam nicht wiederangenommen, sondern angenommen. Einmal. Bewusst. … Ich habe den Islam nichtangenommen, weil ich glaube, dass er ein Monopol auf spirituelle Wahrheit hat,sondern weil seine mystische Dichtung und seine Sprache mein Herz schöner rührtals die Sprache des Christentums und des Buddhismus. Die Sprache des Sufismus ist mir vertrauter.« Mit seinem tief gegründeten Engagement für den ArabischenFrühling wächst Amir seinem Lebenszweck entgegen. Er enthüllt seine wahreIdentität hinter seinem Pseudonym und zeigt sein Gesicht. Politische undgesellschaftliche Rückschläge führen ihn ins politische Asyl nach Kanada. Sie fordern seine Widerstands- und Erneuerungsfähigkeit erneut heraus, sein grundsätzliches JA und seine Zuversicht: »Aber mit der Geschichte als unseremAnhaltspunkt, ist die Antwort, dass sich die Dinge langfristig sehrwahrscheinlich zum Besseren verändern.«

Author:
Sonja Student
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