Sie können sich hier mit der E-Mail-Adresse anmelden, die Sie bei der Registrierung im Communiverse verwendet haben. Wenn Sie sich noch nicht als Mitglied angemeldet haben, können Sie sich hier anmelden!
Vielen Dank! Ihr Beitrag ist eingegangen!
Huch! Beim Absenden des Formulars ist etwas schief gelaufen.
By clicking “Accept All Cookies”, you agree to the storing of cookies on your device to enhance site navigation, analyze site usage, and assist in our marketing efforts. View our Privacy Policy for more information.
Mit den Gemeinschaftsinitiativen HumiX.org und NewMittelstand.org möchte Evgeni Kouris die unternehmerische Aufbruchenergie der Start-ups mit Sinnorientierung verbinden. Wir sprachen mit ihm über Gemeinschaftsbildung als künstlerischen Prozess.
evolve: Wie kam es zu der Inspiration, neue Impulse in die Start-up-Welt zu geben?
Evgeni Kouris: Ich bin 2012 nach Berlin gekommen und tauchte in die Start-up-Unternehmerwelt ein. Davor verfolgte ich zwei sehr unterschiedliche Karrieren: Tagsüber arbeitete ich als Unternehmensberater in der technologie-getriebenen Strategieberatung und Transformation großer Konzerne. Und abends war ich Musiker im Lederjacken-Look mit meiner Band Timid Tiger. Wir haben drei Alben veröffentlicht und waren als Indie-Band relativ erfolgreich.
Durch diese beiden Erfahrungen sah ich die Welt immer wieder aus anderer Perspektive. In der Start-up-Szene fand ich dann für mich eine Art Synthese, denn diese Idee der Unternehmensgründung ist in gewissem Sinne der künstlerische Ausdruck in der Wirtschaft, es verbindet Freiheit mit Realisierung und Substanz.
Im Mittelpunkt standen für mich immer der Mensch und sein Potenzial. Mich bewegte die Vision, den Menschen mit Hilfe von Technologien Wurzeln und Flügel zu geben. Auf diese Sinnorientierung fand ich aber nicht die Reaktion, die ich erhofft hatte, was mich in eine innere Krise brachte, aus der heraus ich mich neu orientierte. Vorbereitet wurde dieser Wendepunkt durch eine langjährige Zusammenarbeit mit Sandra Schürmann und Hans-Ulrich Ender von der »Projektfabrik« aus Witten/ Herdecke, einer sozialen Organisation, die erfolgreich arbeitslose Jugendliche mithilfe von Theater als Kunstprinzip weiterbildet, damit sie wieder in den Arbeitsmarkt zurückkehren können. Ich habe die beiden damals noch in Köln im Social Lab von Michel Aloui kennengelernt und seitdem arbeiteten wir viel zu viert weiter. In 2017 haben wir diese Arbeit weiter intensiviert und angefangen, gemeinsam an einer Idee des »Festivals der Sozialen Kunst« in Berlin zu arbeiten. Diese Arbeit mündete 2018 in die HumiX Social Art Convention während der Berlin Art Week, wo wir mit Kreativpartnern verschiedene Themenkomplexe wie Politik, Wirtschaft, Bildung, Lifestyle, Technologie etc. mit »Kunst durchleutet haben«. Dabei war es sehr herausfordernd, die Diversität von Menschen (Künstler, Prominente, Wissenschaftler, Unternehmer, Arbeitslose …) in einem Raum konstruktiv zu moderieren. Nach dem Event blieb eine Kerngruppe unter HumiX.org als eine Sozialskulptur aktiv, die sich gemeinsam und individuell weiterentwickeln wollte. Später initiierte ich auch ein entsprechendes Projekt für die Wirtschaft, NewMittelstand.org.
e: Wenn ich das richtig verstehe, geht es dir um Sinnorientierung im Leben. Könntest du etwas auffächern, wie du dies durch HumiX. org und für die NewMittelstand.org konkret umsetzt?
EK: HumiX.org ist eine Community, welche mit dem Purpose »Empowering Humanity Evolution« erforscht, wie wir uns individuell und aus innerer Motivation entwickeln können und in Beziehung und Dialog eine exponentielle Kreativität nutzbar machen. Wir glauben an den kreativen Menschen – wir alle zusammen sind ein kreativer Mensch. Und wenn wir zusammenkommen, dann steigt unser Output als Community exponentiell. Um diese Kreativität zu unterstützen, organisieren wir verschiedene Events. Es gibt einen Buch-Club, Meetup-Events, einen Kulturkreis, der sich mit Organisationskultur beschäftigt. An sich arbeitet jeder bei HumiX.org an eigenen Initiativen und Projekten und bringt diese in diverse weitere Formate und Aktionen mit ein. Dabei entsteht Energie unter der Formel: »mc2 « (motivation x capability × capacity).
Für mich ist es wichtig, an einem neuen Menschenbild zu arbeiten und gleichzeitig in der Wirtschaft, der Gesellschaft, der Politik zu wirken. Daraus entstand auch NewMittelstand.org. Darin geht es primär um die Idee der Sinn-Wirtschaft. Diese entsteht aus meiner Sicht, wenn wir die Polarität der Mittelstandstraditionen (»Wurzeln«) und die neuen radikal innovativen Methoden der Start-up-Welt (»Flügel«) produktiv kombinieren. Visionär werden sich unter #NewMittelstand viele Mittelständler aus der neuen Generation der Familienunternehmer verbinden.
Ich kenne die Start-up-Welt mittlerweile sehr gut und wollte selbst ein Unicorn schaffen, also ein erfolgreiches, einzelnes Start-up. Dabei habe ich aber festgestellt, dass es gar nicht meiner Vision einer Welt der Zukunft entspricht. Denn es führt dazu, dass wir noch mehr Ungleichheit kreieren. Wenn wir als Start-up-Gründer ganz positiv sagen: »Wir wollen die Welt besser machen«, dann ist die Frage: »Für wen?« Bei der Zusammenarbeit mit Mittelständlern und unabhängigen Unternehmern spürte ich das Gefühl einer ganz anderen Verwurzelung und Unabhängigkeit. Die Mittelständler kultivieren vielfach schon seit Generationen eine Sinnorientierung, in der Kultur, Ethik, Familienwerte und Nachhaltigkeit gelebt werden.
e: Könntest du noch etwas dazu sagen, was es für dich bedeutet, diese beiden Initiativen mit einem künstlerischen, schöpferischen Anliegen zu entwickeln?
EK: HumiX.org oder NewMittelstand.org als Community unterstützen mich in meiner Arbeit an mir selbst. Ich stehe ständig in einer Polarität zwischen Ich-Werdung und Wir-Werdung oder zwischen Freiheit und Regeln. Ich will herausfinden, wie die ideelle, unternehmerische Tätigkeit, die man wirklich intrinsisch motiviert und unabhängig betreibt, neu gelebt werden kann.
Bei HumiX.org war es ein sehr langer und schmerzhafter Prozess, weil wir ohne Führung gestartet sind. Aber was ist überhaupt Führung, wenn sie nicht hierarchisch ist? Und da gab es nach einigen fehlgeschlagenen Experimenten intuitiv eine Antwort: Eigeninitiative. Wir sind bewegt durch Verantwortung und Eigeninitiative. Wir gestalten aus dem eigenen, intrinsischen Willen und gestalten diesen Willen individuell und zusammen.
Bei HumiX.org ist so eine kleine Gruppe entstanden, die einen Kernprozess gestaltet, den dann weitere Kreise von Menschen nutzen können. Diese Kerngruppe nennen wir Core-Creators, die anderen sehen wir als Co-Creators. Jemand muss den Kern gestalten, auf den sich dann immer mehr Leute ausrichten können. Es ist das Fundament einer sozialen Skulptur, die aus diesem Prozess entsteht. Das künstlerische Prinzip darin ist die Dynamik von ICH-DU-WIR: ICH will die Welt in zehn Jahren so sehen, deswegen spreche ich mit dir, weil ich glaube, DU kannst mir helfen, und deswegen haben WIR einen Dialog und eine Beziehung zueinander und WIR gestalten gemeinsam die Zukunft.
WENN WIR ZUSAMMENKOMMEN, DANN STEIGT UNSER OUTPUT ALS COMMUNITY EXPONENTIELL.
e: Was sind für euch die Kernanliegen oder Werte, an denen ihr euch orientiert?
EK: Es gibt in unserer Humix.org-Arbeit drei Kern-Elemente: Reinventing Yourself, das heißt, dass wir uns selbst in einer permanenten Transformation befinden. Das zweite ist Reinventing Work. Wir glauben, dass die Zukunft der Arbeit in Aufgaben liegt, bei denen wir uns selbst und unsere gemeinsame Kreativität entwickeln können. Deswegen wird man auch Unternehmer, weil man sich die Freiheit schafft zu gestalten. Und der dritte Aspekt ist Reinventing Community. Wir glauben, dass die heute nötigen Innovationen nur durch Community-Arbeit geschehen können. In unserer komplexen Welt sind wir den globalen Herausforderungen nur gemeinsam gewachsen. Die Arbeit an sich selbst ist zwingend notwendig, aber gemeinsam mit anderen können wir unseren Impact exponentiell verstärken. Die wichtigste Voraussetzung dafür ist Offenheit. Wenn man mit einer offenen Fragehaltung in diesen Prozess geht, dann eröffnen sich völlig neue Möglichkeiten.
Author:
Mike Kauschke
Teile diesen Artikel:
Weitere Artikel:
Gemeinsam wachsen und experimentieren
In der Lebensweise Community wird online, in Regionalgruppen und Community-Treffen ein neues Miteinander gelebt und erprobt. Wir sprachen mit der Impulsgeberin Vivian Dittmar und der Community-Hüterin Lina Duppel über die Chancen und Risiken von Gemeinschaft.