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Ein Zentrum für Frieden, Ökologie und Kunst in der Westbank
Am Rande der Negev-Wüste, an der Straßenkreuzung zwischen Jerusalem und Jericho, verwirklicht das kleine Projekt EcoME eine große Vision: Hier kommen Palästinenser, Israelis und Besucher aus aller Welt zusammen, begegnen sich von Mensch zu Mensch und jenseits von spannungsgeladenen nationalen Identitäten. Ein Ort der Freundschaft im Epizentrum des Nahostkonflikts. Wir sprachen mit Talya Hirsch, Arnon Shomer und Goni Zilberman über die Vision von EcoME.
evolve: Was macht EcoME aus? Was ist die Absicht des Projekts?
Talya Hirsch: Es ist ein Ort, der dazu einlädt, die Vorstellungen, die wir voneinander haben, die uns über die Medien und in der Schule vermittelt werden, loszulassen und sich mit offenem Herzen und offenem Geist zu begegnen. Es geht uns um sozialen Wandel, und diesen nehmen wir als eine Art Heilung wahr. Es ist herausfordernd, weil es hier darum geht, die Veränderung tatsächlich zu sein. Wir versuchen nicht, alle zu einer gemeinsamen Vision zu kommen oder die gleichen Gedanken und Ideen zu haben. Wir beten nicht zu den gleichen Göttern, und genau damit haben wir es ja auch hier in dieser Region zu tun: Wie können wir zusammenleben? Und nicht: Wie können wir alle gleich sein? Ein Teil der Absicht ist es, herauszufinden, wie das Leben sein könnte, wenn wir uns mit unseren Unterschieden begegnen.
e: Welchen Einfluss hat EcoME eurer Meinung nach auf das Außen – auf die Region, die Gesellschaft und den Nahostkonflikt?
Arnon Shomer: Dieser Platz wurde bereits von Tausenden von Menschen besucht und noch viele weitere haben davon gehört und wurden auf irgendeiner Ebene davon berührt. Noch interessanter ist aber meiner Ansicht nach, wie er die Menschen berührt. Für manche ist es sehr bedeutsam, nur zu wissen, dass dieser Ort existiert. Ich habe Menschen sagen hören, dass sie, wenn die Gewalt eskaliert oder sie angesichts der Nachrichten ein Gefühl der Verzweiflung empfinden, sich an ihn erinnern und dass ihnen das Hoffnung gibt.
¬ EcoME ist ein Ort, der dazu einlädt, die Vorstellungen, die wir voneinander haben, loszulassen. ¬
Goni Zilberman: Ich glaube, dass EcoME für viele Menschen lebensverändernd ist. Hier zu sein ist ein transformativer Akt. Die Menschen, die hierherkommen, gehen mit einem veränderten inneren Raum, sie nehmen etwas mit und teilen es an anderen Orten.
e: Worin seht ihr die Herausforderungen des Projekts?
TH: Wir versuchen, hier eine neue Sprache zu entwickeln. Und wir sprechen diese Sprache noch nicht. Wir lernen sie, während wir gemeinsam weitergehen. Ein Beispiel dafür ist die Organisationsstruktur, die die Form eines Kreises hat, oder, wie andere meinen, die eines Bienenschwarms. Das Lernen dieser neuen Sprache bezieht sich also auch auf Entscheidungsfindungen, die Schaffung einer gemeinsamen Realität und die Schaffung einer Struktur, die nicht hierarchisch organisiert, sondern viel mehr eine Ko-Kreation ist.
AS: Es gibt viele körperliche Herausforderungen. Wir sind in der Wüste, es ist sehr heiß. Manchmal haben wir nicht genug Wasser, um zu duschen. Wir leben direkt neben der Straße, es ist laut. Wir haben Insekten und alle möglichen Tiere, mit denen wir nicht gewohnt sind zu leben. Es erfordert viel Motivation, wirklich hier zu sein. Es ist Pionierarbeit. Man muss es wirklich wollen. Aber es ist auch ein großartiges Geschenk, etwas Bahnbrechendes, etwas Neues, das unter schwierigen Umständen entsteht und das auch erlaubt, dass viele neue Dinge entstehen und sich entwickeln, die wir noch gar nicht kennen.
GZ: Diese Woche zum Beispiel war wirklich bereichernd. Bei der offenen Bühne gab es ein sechsjähriges Mädchen, das mit unglaublichem Selbstvertrauen sagte, dass sie zum ersten Mal auf einer Bühne stehe, und dann vor hundert Menschen aus Israel und Palästina und der ganzen Welt ein Lied gesungen hat.
TH: Es gibt so viele besondere Momente. Ich sehe diese jüdische Siedlerin, die zum ersten Mal hier ist, und diesen palästinensischen Mann, der auf sie zugeht und ihr einen Tee anbietet, und dann beginnen sie, sich zu unterhalten. Es ist unglaublich, das zu sehen. Ich fühle mich so beschenkt, daran teilzuhaben, dass diese beiden Menschen sich begegnen. Aber man muss auch wissen, dass das Projekt von einigen Menschen gar nicht gerne gesehen wird, teilweise selbst von Gegnern der Besetzung der palästinensischen Gebiete durch Israel. Da gibt es zum Beispiel die Meinung, dass keinerlei Aktion akzeptabel ist, die nicht ganz direkt auf das Ende der Besetzung abzielt. Wenn sich dann Palästinenser und Israelis treffen oder gar gemeinsam leben, wird das nicht akzeptiert, weil es als Mitwirkung an der Normalisierung der Besetzung gesehen wird.
Wir allerdings betrachten das Ganze weniger von diesem politischen Standpunkt aus, sondern versuchen, das Ende der Besetzung aus der Richtung zu unterstützen, die wir für sinnvoll halten: von den Menschen ausgehend, um in der Gesellschaft einen Wandel zu schaffen.
e: Was wünscht ihr euch für die Zukunft? Wie soll sich EcoME weiterentwickeln?
TH: Ich sehe es als einen Ort der Heilung für verschiedene Aktivisten. Einen Ort, an dem sie Empathie bekommen, sich ausruhen können, sich verbinden und neue Werkzeuge für ihre Aktivitäten vermittelt bekommen. Eine Art Oase. Ich wünsche mir auch, dass sich EcoME als Ökodorf weiterentwickelt. In den letzten beiden Jahren haben wir sehr viel Energie in EcoME als Zentrum gesteckt, in die Workshops, die Gäste. Jetzt würde ich gerne sehen, wie sich das tägliche Leben in dieser Art Ökodorf gestaltet. Ich hätte auch gerne, dass es an einen anderen Ort umzieht, an dem es eine längerfristige Perspektive entwickeln kann. Im Moment arbeiten wir von einem Jahr zum nächsten.
e: Wie kann man EcoME unterstützen?
AS: Wir brauchen derzeit noch finanzielle Unterstützung, auch wenn wir das Modell von EcoME weiterentwickeln wollen. Dann kann man natürlich als Freiwillige/r hier sein. Wir suchen immer Menschen, die ihr Talent anbieten, ob es sich um eine Kunst, Therapieform oder ein bestimmtes Wissen handelt, nicht nur für die Gemeinschaft, sondern auch für die Menschen in der Umgebung.
TH: Etwas, das ich sehr unterstützend finde und das besonders die internationalen Gäste betrifft, ist, wenn man nicht die Israelis als die Bösen und die Palästinenser als die Guten hinstellt. Diese Art zu denken ist in vielerlei Hinsicht veraltet. Es unterstützt uns, wenn man die Botschaft verbreitet, dass echter Friedensaktivismus nicht bedeutet, gegen jemanden zu sein. Das ist wiederum die neue Sprache: nicht davon zu reden, wer Recht und wer Unrecht hat, denn das Gesamtbild ist ja weitaus komplexer. Ich wünsche mir die Unterstützung von Menschen, die wirklich mit dem Anliegen nach Frieden hierherkommen und ihre Rolle nicht darin sehen, sich auf eine Seite zu stellen, sondern versuchen, nicht anschuldigend mit dem Finger aufeinander zu zeigen.
Author:
Lisa Baumann
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